• S.

    26. 4. 1936

    Dear Brill

    Ihr Brief teilt mit mit, dass
    Sie die Summe von $ 5000 für
    mich bei Levisohn deponirt haben,
    zu meiner freien Verfügung.
    Ich war überrascht und dann herzlich
    erfreut. Ihretwegen in erster Linie,
    erfreut darüber, dass Sie ein Geschenk
    von solcher Höhe machen können.
    Ich könnte es nicht; es würde einen
    zu grossen Teil meines Vermögens
    bedeuten. Aber es ist recht, dass Sie
    soviel besitzen, Sie haben es in
    schwerer Arbeit erworben.

    Eine andere Frage ist es, ob ich die
    Gabe annehmen kann. Ich denke,
    ja. An Verwendungen wird es nicht
    fehlen. Sie wissen wahrscheinlich, dass
    wir in Wien ein neues Zentrum
    für die Vereinigung geschaffen haben,
    Verlag, Sitzungs-, Vortragssäle und Am-
    bulatorium vereinigt auf einem
    Stockwerk (flat) Berggasse 7. Es
    hat viel Aufwand gekostet und
    wir haben alles unter uns auf-
    gebracht mit Unterstützung einiger
    auswärtiger Freunde. Nun wird
    der Betrieb Geld brauchen und
    eigentlich sind wir alle recht arm.
    Die Methode, den Hund mit dem
    Schwanz zu führen, den man
    ihm vorher selbst abgehackt hat,
    trägt ja nicht wehr weit, und da 

  • S.

    kommt Ihre Gabe zurecht, die mir ermög-
    licht, den reichen Mann zu spielen
    und das Defizit im Haushalt des In-
    stituts auf Jahre hinaus zu decken.
    Ich bin mir noch nicht klar darüber,
    in welcher Weise der Fond diesem
    Zweck am besten dienstbar gemacht
    werden soll. Vorläufig mag er also
    bei Ihrem Banquier bleiben, er
    wird nicht lange unberührt
    bleiben. Im Namen aller Mitbe-
    teiligten drücke ich Ihnen, dem
    alten, getreuen Freund und Helfer
    dankend die Hand.

    Dass ich den meisten Veranstaltungen
    sonst mit gelindem Grausen entgegen-
    sehe, wird Sie nicht wundern. Auch
    dass ich an Edward’s Dinner in NYork
    nicht teilnehmen brauche, ist
    eine Erleichterung. Nur der Vortrag,
    den Thomas Mann am 8 dM hier
    halten soll, wird etwas Erfreuliches
    sein, was immer er über mich und
    „die Zukunft“ sagen wird.

    Und nun darf ich schliessen mit
    den herzlichsten Grüssen für
    Sie und Ihre liebe Frau,
    mit guten Wünschen für Ihre
    Kinder, immer und bis zum
    Ende
    Ihr
    Freud