• S.

    10. V. 25.

    Dear Brill,

    Vor allem meinen herzlichen Dank für
    Ihre und Ihrer Familie Glückwünsche. Der
    Tag war eher anstrengend.

    Was Mr. Pierce betrifft, so habe ich mir
    bei Reik ausführliche Auskunft über ihn
    geholt. Reik ist gar nicht parteiisch für
    ihn, meint aber, dass er nicht viel Aergeres
    begangen hat, als was in your country gang und
    gäbe ist. Jedenfalls ist er kein Idealvorbild
    und nimmt die christliche Nächstenliebe sehr
    in Anspruch.

    Ich habe sein Eingesendet, in dem er
    behauptet, mit mir selbst gesprochen zu haben,
    gelesen. Ich konnte mich daran nicht erinnern,
    aber Reik bestätigt, dass er einmal bei mir
    war. Sie können sich denken, dass das schwer
    zu vermeiden ist; ich kann doch nicht eine
    gerichtliche Untersuchung anstellen lassen, ehe
    ich einen Fremden und Unbekannten einmal 

  • S.

    für ein paar Minuten empfange.

    In einem Punkt hat aber Mr. Pierce recht.
    Meine Stellung zu dem Problem der Laienanalyse
    hat er ganz richtig dargestellt. Ich bedaure,
    dass Sie so sehr sie so sehr von der abweicht,
    welche Sie und der Newyorker Verein so eifrig
    vertreten. Für mich ist der Laie ein Mensch,
    der die Analyse nicht gelernt hat, gleich-
    gültig ob er ein Arzt ist oder nicht. Die ein-
    seitige Betonung des ärztlichen Standesinter-
    esses werde ich nicht mitmachen und demnächst
    in Wien energisch für die Berechtigung der
    ausgebildeten Laien in der Oeffentlichkeit
    auftreten.

    Miss Potter hat natürlich keinen Auftrag
    von mir, für den Fond zu sammeln. Sie tut
    das auf eigene Hand, aber in guter Absicht,
    hat auch vor einiger Zeit dem Verlag einen
    grösseren Betrag geschickt.

    Im Sommer gedenken wir wieder auf den
    Semmering, Villa Schüler, zu gehen.

    Herzliche Grüsse
    Ihr
    Freud