• S.

    6 Nov 10

    Lieber Doktor

    Vielen Dank für Brief u Zusendung Ihrer
    neuen Arbeiten, die von Ihrer unermüdlichen
    Thätigkeit im Dienste der ΨA ein schönes
    Zeugnis ablegen. Die Sexualtheorie u die
    Gründung der Ortsgruppe sind nun die
    nächsten Nachrichten, auf die ich mich freue.
    Wenn Mr Rosenthal kom̄t, wird er nach
    Ihrem Wunsch behandelt werden.

    Hier ist unterdeß das Zentralblatt erschienen
    in dem bereits Raummangel herrscht, so
    reichlich strömen die Beiträge zu. Ich bin
    neugierig, welchen Eindruck es machen wird.
    Unte Außerdem ist eine Übersetzg der
    Worcester Vorlesungen ins Russische erschienen
    von Dr Ossipow in Moskau, der ein wert-
    voller Mann scheint, eine polnische von
    Dr Jekels hier, ist eben in Druck gegangen.
    Ich habe sehr viel analytisch zu thun u sehr
    wenig Zulauf, was für die anderen
    nicht gut ist. Die Bande zwischen Wien
    u mir lockern sich sehr, meine Praxis
    wird immer mehr international.

    Ich bin in regem Briefwechsel mit Bleuler
    u will ihn zum Beitritt in den Verein
    bewegen. Wenn sich Aussichten dafür
    ergeben, gehe ich über Weihnachten nach
    Zürich, im anderen Falle hat Jung
    versprochen, nach Wien zu kommen.

  • S.

    Persönliche Reibungen nehmen überhaupt viel
    Zeit u Kraft weg; das ist hier nicht anders
    als in Amerika.

    Meine nächsten Arbeiten werden der Para-
    noia gelten, über die ich mich auf der
    Reise mit Stekel viel ausgesprochen habe.
    Hoffentlich kommt dabei etwas heraus.

    Von Judith habe ich einen Brief bekommen,
    in dem sie ihre Besserung behauptet;
    schon der Umstand, daß sie mir geschrieben
    hat, spricht dafür.

    Von Worcester kam gestern als besondere
    Publikation der Band Vorträge zur
    Feier des 20. Jahres, nicht mehr so feierlich
    wie zehn Jahre früher. Eine Verkleinerg
    des Gruppenbildes vor dem Thor der Univ-
    ersität ist mitgegeben.

    Ich grüße Sie herzlich u hoffe in diesem
    Jahr viel gute persönliche u interessante
    wissenschaftliche Nachrichten mit Ihnen
    auszutauschen.

    Ihr herzlich ergebener
    Freud