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S.
18 Dez 10
Lieber Doktor
Die amerikanische Post ist eine fast nie vers-
iegende Quelle von Vergnügen für mich.
Ihre Briefe sind im̄er voll guter Laune,
guter Nachrichten u guter Hoffnungen. Bei der
Grämlichkeit der meisten Menschen wird
man sehr dankbar dafür.Die Sexualtheorie ist gestern angelangt u hat
mich sehr stolz gemacht. Ich danke Ihnen sehr
dafür. Putnam zeichnet sich dadurch aus
daß er immer das richtige Wort findet
u den richtigen Schritt thut. Ich muß ihm nächster
Tage schreiben.Ihren Aufsatz über Witz u Zw will ich sehr
gerne lesen, sobald Sie ihn schicken können
Was Ihren Prof. Prescott anbetrifft, so finde
ich seine Verwertung der ΨA für literarische
Zwecke sehr schön u Ihre Idee, seine Arbeit
für die Schriften z angew. Seelenkunde
zu recquiriren sehr dankenswert. Ich gebe
Ihnen aber zu bedenken, ob es nicht doch
vorteilhafter ist, wenn er die Arbeit in
Amerika publizirt. Erstens ersparen wir
den Verlust an Eindruck durch die not-
wendige Übersetzung, zweitens bringt
ihm die Arbeit wenig eigenen Gewinn,
wenn sie hier erscheint, drittens bezieht er sich
gewiß auf englische Literatur, die hier -
S.
zu wenig gekannt und gewürdigt ist, viertens wäre
die Arbeit dort die erste in ihrer Art,
hier nicht mehr, fünftens endlich müßte er
doch 6 Monate mit der Publikation warten,
da ich drei Hefte vor ihm herausgeben müßte
(Jones’ Hamlet, eine juridische Arbeit eines
jungen Schweizers Storzer und Abraham’s
Segantini). Wenn Ihnen diese Gründe einleuchten,
so versichern Sie ihm gleichzeitig, daß wir
hier eine ausführliche Analyse im Zentral-
blatt besorgen werden.Ihr Fall mit Dr Bailey ist sehr amüsant. Die
Herren müßen an solchen Einzelerfahrungen
lernen, daß bei uns etwas zu holen ist.Ich hoffe in den Weihnachtstagen Bleuler
u Jung in München zu sehen, aber jeden
separat, u werde Ihnen von dort aus
eine Karte schreiben. Ich bringe Jung eine
Arbeit über Schrebers „Denkwürdigkeiten“,
also über den Mechanismus der Paranoia
mit.Zu ihrer häuslichen Erwartung herzlichsten
Glückwunsch. So ist es recht.Viele Grüße an Sie u Ihre Frau
von Ihrem getreuen
Freud