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S.
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Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.
15 Nov 15
Lieber Freund
Zum Glück weniger interessante Neuheiten
als sonst. Ich habe mich mit Ihrer Wiederkehr der
Symptome köstlich unterhalten; hoffent-
lich verlieren Sie den Eindruck nicht
wieder. Ihre Kritik von R u H in der Kor-
rektur wieder gelesen, bekräftige gerne,
daß sie ausgezeichnet ist u an Gedanken-
inhalt manche Arbeit aufwiegt. Kritiken
dieser Art können einer Person und
einer Zeitschrift Stellung verleihen.In der Unsicherheit über die Zukunft der
Zeitsch. bin ich nicht weitergekom̄en. Heller,
dem ich doch die elementare Vorlesung
anhängen will, damit er sich an anderer
Stelle gebunden fühle, weicht mir in un-
artiger Weise seit 2 Wochen aus, giebt
keine Antwort u bringt mich in Ver-
suchung denselben Köder Deuticke
hinzuhalten. Ich hätte das erste Heft (über
Fehlh.) fertig, wenn auch nur im Unreinen.
Den Traum werde ich überhaupt nicht
vorher, sondern erst nach jeder Vor-
lesung niederschreiben.Die Praxis hat sich wieder, auf 6 Stunden,
gehoben. -
S.
2
Ernst ist nach dem Untergang seiner Mann-
schaft zur Erholung nach Görz geschickt
worden, von wo er wieder zurück ist.
Inzwischen traf seine Ernennung zum Kadetten
ein. Seine letzte Nachricht vom 10t meldet
noch Ruhe. Oli ist gestern unerwartet
hier gewesen, vielleicht zum letzten Mal
vor seiner Heirat, deren Termin doch
wegen des sterbenden Zustandes ihres
Vaters nicht bestim̄bar ist. Arbeit und
Aussicht auf eine geliebte Gefährtin
thun ihm sehr wol; es bleibt ein inter-
essantes Eheexperiment, da sie mit seiner
Zustim̄ung ihren Beruf nicht aufgiebt,
sondern das Studium beenden will.An Frieden glaube ich nicht, sondern
an ein Wachsen der Erbitterung und
Schonungslosigkeit im zweiten Kriegsjahr.Von Abraham, Pfister der Lou Andreas
sind Beiträge angekündigt. Wenn
die Zensur sie nur passiren läßt.Herzlichen Gruß
Ihr
FreudAnmerkungen CD:
R: Régis
H: Hésnard
Fehlh: FehlhandlungenAnmerkungen Ernst Falzeder:
Zu Abrahams Arbeit siehe 573 F, Anm. 2. Lou Andreas-Salomé, „Anal“ und „Sexual“ (Imago, 1916, 4: S. 249-273). Von Oskar Pfister erschien in den folgenden zwei Jahren nichts in Zeitschrift oder Imago; vgl. aber 591 F.Die Briefzensur während des Krieges.
Die psychiatrische Schule von Bordeaux über die PsychoanalyseD (Ferenczi 1915, 175), erschienen in der folgenden Nummer der Zeitschrift (1915, 3: S. 352-369).
Freuds Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1916-17a) erschienen dann doch bei Hugo Heller (1. Teil 1916, 2. und 3. Teil 1917).
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