• S.

    Prof. Dr. Freud
    Wien, IX. Berggasse 19.

    Karlsbad 17.7.14.
    Villa Fasolt
    Schloßberg

    Lieber Freund

    Da wären wir also wieder bei den 
    warmen Quellen, genießen Hitze und 
    Regen, wie sie kommen, und ich kann 
    studiren, wie der Einfluß auf die 
    Darmfunktion sich im̄er noch auf die 
    davon abgeleitete Geldrelation fort-
    setzt. Ich spüre den Bruch mit der Ver-
    gangenheit diesmal nicht so deutlich wie 
    sonst, denke wieder an Arbeit und 
    habe begonnen, den Macbeth zu 
    studiren, der mich lange quält, ohne 
    daß ich bisher die Lösung gefunden hätte. 
    Sonderbar, den Macbeth habe ich vor 
    Jahren Jones abgetreten und nehme 
    ihn jetzt gleichsam zurück. Da sind dunkle 
    Mächte im Spiel. Annerl hat gestern tele-
    graphirt, daß sie glücklich in Southampton 
    angekommen ist und von Ernest Jones 
    erwartet wurde. Ich habe den Anlaß 
    benützt, um ihr sofort mein Verhältnis 
    zu der Sache klarzulegen, denn ich 
    mag doch nichts davon wissen und will 
    das liebe Kind doch nicht an einen 

  • S.

    deutlichen Racheakt verlieren, von allem 
    abgesehen, was rationell dagegen spricht. 
    Ich denke mir, Loe wird auch aufpassen 
    wie ein Drache.

    Ein Brief von Pfister vorgestern enthält 
    unerwarteter Weise die Versicherung, 
    daß er sich zu uns rechnet u bereit ist, 
    in die Wiener Gruppe einzutreten, wenn 
    die Züricher den Austritt, den sie planen
    vollziehen. Da hätten wir also die erste Nach-
    richt u die ist gut. Der Brief zirkulirt 
    und wird bald zu Ihnen kommen.

    Sonst natürlich nichts Neues. Ich werde 
    bald einige kleinere technische Aufsätze 
    für die Zeitschrift anpacken.

    Mit herzlichem Gruß 
    Ihr 
    Freud