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S.
Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.7.2.09
Lieber Herr Kollege
Ich danke Ihnen für Ihr herzliches
Telegram̄ u Ihr prunkvoll
schönes Geschenk. Jetzt kann ich
es Ihnen ja gestehen, daß ich im
Som̄er gerne Sie an der Stelle
des jungen Mannes gesehen hätte,
der, mir seitdem lieb geworden
nun mit meiner Tochter abgereist
ist.Ihr letzter Brief klang etwas
gepreßt. Ich merkte, Sie haben
meinen Vorschlag nicht ohne
Kampf abgewiesen. Aber natür-
lich, wenn Ihr Verhältniß
zu Stein nicht besser ist, kann
ich Ihnen dergleichen nicht zumuten
u gebe ihm auch heute noch
in diesem Sinne Auskunft.
Sonderbar, daß die meisten dieser
Invertierten doch keine Voll -
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Vollmenschen sind.
Die Hochzeitsfeier war schön und
warm. Die beiden Hauptbeteiligten
in heiterster Stim̄ung. Jetzt ist
alles ruhig, und ich benütze die
Nachtstunden, um die Vernachlässig-
ungen der letzten Tage nachzuholen.Mit Amerika wird es wol nichts
werden. Egypten ist seit langem
mein höchster Wunsch, aber ich
glaube nicht, daß man im Sept
dort existiren kann. Ich werde
im Baedeker nachsehen. Wollen
Sie sich auch erkundigen?Mit herzlichem Gruß
Ihr FreudAnmerkungen aus: Brabant, Eva; Falzeder, Ernst; Giamperi-Deutsch, Patrizia (Hg.): Sigmund Freud / Sandor Ferenczi Briefwechsel. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1993-2005. 1993 in Band I/1 (1908 –1911)
Telegramm: Nicht überliefert
Während der gemeinsamen Ferien in Berchtesgaden.
Baedeker: Ein bekanntes Reisehandbuch. <Diese Fußnote nur für fremdsprachige Ausgaben, da im deutschen Sprachraum bekannt - so steht z.B. Baedeker im Duden.>
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