• S.

    Prof. Dr. Freud
    Wien, IX. Berggasse 19.

    Karlsbad. 18.7.14

    Lieber Freund

    Sie wundern sich gewiß, wieviel Zeit zum 
    Schreiben ich in Kbd habe. Ich bin eben zum 
    ersten Mal ungestört hier ohne Emden’s
    verbringe den Tag sehr angenehm mit meiner 
    Frau u behalte doch noch Frische u Arbeitslust 
    übrig. Ich schreibe wirklich an einem technischen 
    Artikel, der nicht einmal unwichtig ist. Der 
    heutige Brief ist aber ganz redaktionell.

    Vor allem dürfen Sie sich freuen zu 
    erfahren, daß Sie Maeder vom Kopf der 
    Zeitsch. streichen dürfen. Hoffentlich auch 
    bald die anderen! Nach Abrah’s Bericht ist 
    es nicht mehr zweifelhaft, daß wir sie alle 
    los bekommen. Das Weitere werden Ihnen 
    die zirkulirenden Briefe sagen.

    Ferner bemerke ich in der heute eingelangten 
    Nr der Zeitschrift einige Fehler im Stil, 
    wegen deren ich den Schuldigen – Reik – 
    bei den Ohren zu nehmen bitte. Er hat 
    mich ernsthaft gebeten, ihn im̄er aufs Schärfste 
    zu kritisieren. Sie können sich also ruhig 
    auf mich berufen. Ich könnte es ihm selbst 
    schreiben, ziehe aber den Instanzenzug 
    vor. Er ist ein guter Kerl, soll sich aber 
    nicht so heillos verpöbeln.

    Handschriftlicher Zusatz mit Bleistift 
    am linken Seitenrand von Ferenczi: 
    "Ich schrieb Reik im Sinne Freud’s uns 
    Verlangte von ihm die Korrektur ¿¿¿ 
    bezügl Stellen Ferenczi"

  • S.

    In dem Referat von Reik über Schmidt p 389 
    heißt es (unten): Seit wann gelten Herrn Hofrat 
    solche Gefüle als nahezu normal? Solchen 
    vertraulichen Ton müßen wir uns gerade 
    a) gegen unsere Gegner ersparen, besonders 
    jetzt, wo Polemik nicht zu vermeiden 
    sein wird.

    p. 391 ganz unten, auch ein nicht ganz würdiges 
    „Schnoferl“. Da habe ich mich geirrt.

    Ähnlich auf Fahne 33 der neuen Nummer

    b) J.H. Schultz: Die ΨA. Im Ton ganz verfehlt u 
    fast eine Denunziation. Warum soll in 
    der Theol. Literaturzeitg nicht solcher Unsinn 
    stehen

    c) Pfister à qui dites vous cela? Unbedingt als jüdische 
    Unart zu streichen! Trocken, ironisch eher! 
    Ferner die Klam̄er (Das ist wol nicht das Motiv 
    zur Zustim̄ung zu Jungs Theorien?). Eine Insinuation, 
    wo es würdiger heißen sollte: Wir wollen 
    hoffen, daß dieß nicht das Motiv …

    d) Windelband. Hier beanstände ich nur eine Un-
    klarheit. Ist es Wind selbst oder ein anderer 
    der die zitirten Sätze ausspricht? („aussprach“ 
    ist unverständlich.

    Sie sehen, ich bin dafür, daß die 
    Redaktion sich energisch um die Refer. 
    ihre guten Sitten neben ihrer guten Gesinnung 
    kümmere.

    Herzlichst Ihr 
    Freud