• S.

    Prof. Dr. Freud
    Wien, IX. Berggasse 19.

    11.2.14.

    Lieber Freund

    Gestern hatte ich Redakteurgesellschaft 
    zum Abendeßen u erfuhr von Rank
    daß Sie die letzte Kundgebung von 
    Jung bereits kritisirt haben. Ihre 
    Schneidigkeit hat mich sehr gefreut. 
    Unsere kritische Num̄er wird also sehr 
    reichhaltig sein, leider hat der Druck 
    noch im̄er nicht begonnen.

    Ihre Absicht einer öffentlichen Diskussion 
    muß ich für Sie u für Ungarn gut-
    heißen. Ihr Temperatment u Ihre Schlag-
    fertigkeit sind eine ordentliche Garantie 
    für den Ausgang. Das öffentliche 
    Interesse für ΨΑ läßt wol auch in 
    Rußland, Polen usw. nach, wo sie 
    sich in der ersten Periode des Über-
    falls nicht ordentlich eingenistet hatte. 
    Nicht so in Deutschland u Amerika.

    Ich werde mich sehr freuen, wenn Sie 
    Ihren Freund dazu bewegen, die 
    zwei Zeichnungen zum Moses zu ver-
    suchen. Die von Frl. Wolf sind unbe-
    friedigend. Der Radierer Max Pollak
    der für Heller mein Porträt 

  • S.

    „mit der Nadel gestochen“ hat, versprach jetzt 
    auch diese Zeichnungen zu liefern. Aber 
    das soll Sie nicht abhalten. Meine Zweifel 
    sind nicht überwunden u ich werde die 
    Publikation gewiß zurückhalten, wenn 
    ein Zeichner sie nicht wirksam unter-
    stützen, sozusagen zuerst mich überzeugen 
    kann.

    Ich schreibe sehr eifrig an der Geschichte 
    der ψα Bewegung, hoffe, Sonntag den Jung 
    bearbeitet u damit abgeschloßen zu haben. 
    Soll ich Ihnen zuerst das Manuskript schicken? 
    Sie müßten es dann bald mit Ihren 
    Bemerkungen an mich zurücksenden, 
    damit es über die Wiener durch Hitsch-
    mann zu Abraham gehen kann.

    Gesundheit und Praxis sind derzeit gut. Im 
    Hause meist alles ordentlich. Ende 
    dM wenn die Arbeiten im Gange 
    sind, sollten Sie uns hier wieder 
    besuchen. Loe ist viel braver, hat übrigens 
    eine konstatirte Pyelitis sin u einen 
    Anteil echter Schmerzen; gemischter Fall 
    im̄er unangenehm. Die Anwesenheit 
    ihres neuen Jones, den sie im Mai 
    heiraten soll, thut ¿¿ ihr gut.

    Herzliche Grüße, auch an 
    Frau G. 
    von Ihrem 
    Freud