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S.
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Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.23.4.15
Lieber Freund
Da Sie von dem Vergleich mit G nicht ablassen
wollen, kann ich Ihnen selbst noch einiges
dazu beitragen, positives und negatives. Von
ersterer Art meine Aufenthalte in Karlsbad
und meinen Respekt für Schiller, den ich für
eine der höchststehenden Persönlichkeiten
deutscher Nation halte; von letzterer mein
Verhältnis zum Tabak, den G fürchterlich
verabscheut hat, während ich für die Unthat
des Kolumbus eigentlich keine andere
Entschuldigung weiß. Im ganzen drückt
mich die Größe nicht.Ihre Ankündigung nach Wien zu kommen
verspricht ein gestautes Bedürfnis zu
befriedigen. Ich habe unglaublich wenig
zu thun. Pfister war schon da, zu Mittag
mit uns allein, abends mit Rank und
Sachs. Er ist ein guter Kerl u hält doch zu
uns. Seine Anwesenheit hat die Anderen
davon überzeugt, welch ungeheuren Anteil
die simple Ignoranz an dem Abfall der
Schweizer gehabt hat. Mittwoch, 28st ist übrigens
Vereinsabend, Vortrag vonSachsfu
über den Geisterseher von Schiller. Ich
schreibe es Ihnen, um Sie nach der einen
oder anderen Richtung zu beeinflußen. -
S.
2
Die Serie: „Triebe, Verdrängg, Unbewußtes“ ist nun fertig.
Das erste Stück bereits von der Zeitsch. gesetzt
und in Ihrer Hand, die beiden anderen in der
Mappe der Redaktion. Die Einleitung „Triebe“
ist wol nicht sehr verlockend, aber im weiteren
kommt viel heraus. Es hat sich die Notwendig-
keit eines 4. Aufsatzes ergeben, der Traum
mit Dem pr. vergleicht; er ist auch bereits
entworfen. Er geht mit der Metapsychologie.
Die Zeitsch ist jetzt von mir aus für ein ganzes
Jahr versorgt. Vivant sequentes!4Der Sommer ist ein dunkles Geheimnis.
Meine Frau ist in Hmbg u wird vielleicht
mit Sophie etwas verabreden, da Max
täglich seine Einberufung erwartet.
Im übrigen wissen wir jetzt gerade nicht, ob
wir vor dem Frieden mit Rußland
oder dem Krieg mit Italien stehen.
Es muß viel hinter den Kulissen vorgehen,
aber man ist selten noch so in Dunkel-
heit gehüllt worden wie jetzt.Ich grüße Sie herzlich u bitte Sie, Frau G.
(nicht Goethe!) trotz des Krieges an mich
zu erinnern.In Erwartung
Ihr getreuer
FreudAnmerkungen
Vivant sequentes! Es leben die folgenden!, lat. Segenswunsch.
In den Protokolle der WPV findet sich nichts zu diesem Referat über Schillers Erzählung „Der Geisterseher“.
Berggasse 19
Wien 1090
Österreich
7. Honvéd Husaren Regiment
Pápa 8500
Ungarn
http://data.onb.ac.at/rec/AC16576885 Autogr. 1053/23(1-13) HAN MAG