• S.

    Prof. Dr. Freud
    Wien, IX. Berggasse 19.

    24.4.14

    Lieber Freund

    Ich hatte in Brioni wohl bemerkt, daß 
    Sie irgendwie gehem̄t sind, brachte 
    es auch mit Ranks Anwesenheit in 
    Zusam̄enhang, verfolgte es aber nicht 
    weiter, weil ich an der hypoch Rückziehung 
    der Libido litt. Seither ist eine großartige 
    Tracheitis‑Laryngitis bei mir losgebrochen 
    mit deutlicher Aufhebung der prodrom-
    alen Allgemeinerscheinungen. Ich habe die 
    Arbeit nicht eingestellt – aus Geiz und 
    Pflichtgefül –, aber den letzten Mittwoch 
    versäumt u bin heute noch lange nicht wol, 
    weder lokal noch allgemein, vor allem 
    sehr denkunfähig.

    Die überraschende Demission von Jung 
    hat uns die Aufgabe sehr erleichtert. Er 
    scheint doch ein Teil von jener Kraft, 
    die usw. Was in ihm vorgeht und was 
    er vorhat, läßt sich nicht erraten, kann 
    uns auch gleichgiltig sein. Vielleicht ist 
    er der Salve in der Zeitschrift erlegen 
    und die Bombe im Jahrbuch kommt 
    zu spät. Ich habe sofort begonnen, mich 
    als „Obmännerkonferenz„ zu fühlen 

  • S.

    und eine Aktion eingeleitet, von der Sie 
    wie die anderen Freunde durch ein 
    Schreiben von Rank verständigt werden 
    sollen oder es schon sind.

    Von der Feuergewinnung bleibt für 
    mich gar nichts übrig. Die Kulturhistorie 
    ist stumm. Aber ich bin sehr neugierig, 
    was Sie beide Ernsthaftes herausbringen 
    werden.

    Das Material fürs Jahrb muß, wie Hitschmann 
    aussagt, eingeschränkt werden. Rank u 
    Sachs haben darum ihren Beitrag zurück-
    gezogen. Ihren Vortrag wollen Sie also 
    für ein anderes Mal aufsparen oder 
    als Keim einer neuen Arbeit gären 
    lassen.

    Mit herzlichem Gruß für Sie 
    und Frau G.
    Ihr getreuer 
    Freud