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S.
Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.13.6.09
Lieber Herr Kollege
Dank für Brief u Ausschnitt. An den „Modifikat-
ionen“ ist nichts gelegen, es sind Versuche, sich die
Dinge „anzueignen“, wie unsere Sprache mit so
scharfsichtigem Doppelsinn sagt; an Priorität ist
gar nichts gelegen und die ganze Sache hat sich
doch so sehr im vollen Tageslicht entwickelt,
daß Verdunkelungen sich nicht lange halten
können. Sonst hat Ihr Urteil gewiß Recht; die
Ehrlichkeit wird in Amerika keine häufigere
Erscheinung sein als in Europa, auch die
Fortschritte werden nicht von dort zu erwarten
sein.Wir wollen uns aber das Vergnügen an der
schönen Ferienreise, die wir sonst nicht zu
schwer ernsthaft nehmen, nicht stören lassen.Sie wissen schon von ihm selbst, daß Jung auch
eine Berufung zu unserer Feier bekom̄en
hat, um 3 Vorlesungen über ein ihm gegebenes
Thema zu halten? Das hebt nun die ganze
Geschichte u wird uns gewiß alles steigern
u vergrößern. Ob es ihm gelingen wird
das Schiff mit uns zu theilen, weiß ich noch
nicht aber jedenfalls werden wir dort
beisam̄en bleiben. -
S.
Die Notizen über Ihre Arbeiten haben mich sehr gefreut.
Ich schreibe jetzt den Salzburger Rattenmann
fürs Jahrbuch nieder. Mit Amerika geht es mir
genauso wie Ihnen. Von Vorbereitung
keine Rede. Es ist auch schon zu spät im Jahr
in den paar Ferienwochen kom̄t dann die
Arbeit über die Technik daran u etwas
Wald genießen möchte man̄ doch auch. Habe
ich Ihnen schon mitgetheilt, daß wir in Ammer-
wald, Post Reutte an der bairisch‑tirolischen Grenze
gemietet haben? Ein einsames Hotel mitten
im schönsten Wald, Gegend der Königsschlößer.Frau u Tochter (Sophie) erwarten wir i
m Laufe dieser Woche von Hamburg zurück.
Möchten Sie nicht an unserem Mittwoch‑Abschieds-
souper auf dem Konstantinhügel theilnehmen?
Stegmann wird als Gast erwartet, Rank
wird Ihnen die Einladung bereits geschickt
haben.Mit herzlichem Gruß
Ihr Freud
Berggasse 19
Wien 1090
Österreich
VII Erzsebét-kőrut 54
Budapest 1073
Ungarn
http://data.onb.ac.at/rec/AC16213142 Autogr. 1053/3(1–12) HAN MAG