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S.
Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.10.7.10.
Lieber Freund
Habe ich wirklich je daran gezweifelt, daß
Menschen wie Sie sich entwickeln können?
Ich glaube, mein Pessimismus bezog sich eher
auf die schwachen Leute, die wir durch
unseren Einfluß ändern sollen, nicht die
etwas aus sich heraus zu Stande bringen
in Anlehnung an äußere Einflüße.Das fiele dann so ungefähr mit der Abgrenzung
des Pecus bei unserem Freunde A.
France zusam̄en.Es freut mich, daß Sie in der Relation zu unseren
Gegnern bereits so weit sind wie ich. Ist
es nicht am besten so? Der Paranoia wider-
spricht doch die innere Behaglichkeit. Der
P ist unzufrieden u muß im̄er weiter
umformen. Nebenbei, Ihre P.arbeit muß
einmal vorwärts, Stoff für unser
Beisam̄ensein.Hotel Wittebrug, Den Haag, ist meine
Adresse vom 17 ‑ Ende Juli. Ich gehe mit
Oli und Ernst, meine Frau bleibt hier
geht dann nach Hamburg. Am 1 Aug
großes Zusam̄enfinden in Noordwijk.
Nur noch 4 Arbeitstage; ich bin recht froh
darüber, habe auch manches auszuarbeiten. -
S.
Ich strenge mich krampfhaft an, meine Gesund-
heit so weit herzustellen, daß unsere
Herbstreisepläne nicht gestört werden. Es
geht mir auch nicht schlecht. Große Fortschritte
waren während der scharfen Arbeitszeit
ja nicht möglich. Sowie wir an der See
sitzen, werde ich beginnen mit Vorschlägen
an Sie heranzutreten.Hoche haben Sie doch wol gelesen?
Die Erhöhung des Lebens durch die ΨΑ
anerkenne ich auch dankbar. Es muß
sich wol eine vollständigere Lebens-
anschauung auf sie gründen lassen. Jetzt
in der Müdigkeit des Jahresendes ist
nicht die Zeit dazu.Ich grüße Sie herzlichst u hoffe bald
von Ihnen zu hörenI
Ihr Freud
Berggasse 19
Wien 1090
Austria
VII Erzsebét-kőrut 54
Budapest 1073
Hungary
http://data.onb.ac.at/rec/AC16264154 Autogr. 1053/7(1–11) HAN MAG