• S.

    Prof. Dr. Freud                           
    Wien, IX. Berggasse 19.

    27.4.09

    Lieber Herr Kollege

    Ich bin so beschäftigt, daß ich Sie bitte, mir 
    etwas abzunehmen, die Besorgung der Fahrt 
    nach Amerika nämlich. Die Sache liegt so: Die 
    Austro‑americana läßt am 21 Aug ein Schiff 
    gehen, die Laura, das mindestens 14 Tage 
    braucht also nicht vor 4 Sept landet, mög-
    licherweise einen Tag mehr braucht, wo wir 
    am 6 in Worcester sein sollen. Viele Stim̄en 
    raten ab, so knapp zu fahren. Ich habe an Brill 
    u Stanley Hall geschrieben, um direkten 
    Rat zu haben, erwarte Antwort noch im 
    April u werde mich dann entscheiden, jedenfalls 
    am 30 April Karte haben (mit Ihrer Hilfe).

    Die Austro hätte zwei Vorteile, die Mittelmeer-
    reise und den billigen Preis für gute Kabinen 
    650 Kr, während auf der Hamburg u dem ND Lloyd 
    der Preis das Doppelte betragen dürfte. Vielleicht 
    erkundigen Sie sich, ob die Termine u Preise 
    der Cunard Line von Fiume die gleichen 
    Vortheile bieten, u stellen sich überhaupt eine 
    Übersicht der Fahrmöglichkeiten u Preisdiffer-
    enzen zusammen. Wir müßen uns sehr bald 
    entscheiden, da erfahrungsgemäß die guten 
    Plätze bald belegt sind. Auf die Kabine

  • S.

    kom̄t sehr viel an, wir wollen da nicht 
    sparen. Ich bin so beschäftigt, daß ich sehr froh 
    wäre, wenn Sie mir die Angelegenheit 
    abnehmen könnten. Sobald ich Antwort 
    von Amerika habe, bitte ich Sie, eventuell telegraphisch, 
    die Plätze zu nehmen. Nur bei der Austro
    wo mein Bruder Beziehungen hat, kann ich 
    es hier leichter besorgen, falls die Entscheidg 
    doch für sie ausfiele.

    Die neuerliche Erkrankung meiner Tochter (an 
    demselben Rest der Operation) macht mich 
    jetzt nicht gerade beweglicher u soll mein 
    Bemühen entschuldigen, Sie dafür in Anspruch 
    zu nehmen.

    Herzl Grüße
    Ihr Freud

    Anmerkungen aus: Brabant, Eva; Falzeder, Ernst; Giamperi-Deutsch, Patrizia (Hg.): Sigmund Freud / Sandor Ferenczi Briefwechsel. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1993-2005. 1993 in Band I/1 (1908 –1911):

    Die Unterstreichungen in diesem Brief sind alle mit anderer Tinte,   vermutlich von Ferenczi, vorgenommen.