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Prof. Dr. Freud Salzberg, 10.8.22
Wien, IX. Berggasse 19Lieber Herr Doktor,
Da Ihre Antwort nicht gekommen ist und ich keine weiteren alarmierenden Details von meinem Zustand zu geben habe -- die Organe sind braver, die Müdigkeit hält an --, wird mein Brief nichts anderes sein als ein Begleitschreiben zu den fünf Beilagen, die Sie in der gleichen Hülle finden.
1) Das Wichtigste, der Brief aus California. Es war doch gut daß ich meine Äußerung zur Arbeit der Lowtzky aufgeschoben habe. Sie wird mir jetzt leichter. Der in dem Brief mitgeteilte Fall hat meinen Widerstand schwer erschüttert. Einerseits enthält er die volle Bestätigung für den Gesichtspunkt von Traum und Telepathie, andererseits ein Faktum das keine andere Erklärung als durch äußere Botschaft zuzulassen scheint. Ich wäre völlig überzeugt, wenn mir dergleichen passiert wäre aber ich bin noch immer in der bedauerlichen Lage des Landgrafen in der Tannhäuserparodie. Schön ist daß der gelehrte und überstudierte Briefschreiber den Vorbehalt nicht versteht. Die Braut hat sich offenbar mit der Irrsinnigen identifiziert und gedacht: Wenn er mich im Stiche läßt, dann weiß ich nicht, was ich thue. Diese Drohung ist zu ihm gelangt und er hat darauf geantwortet, Thu's nur dann bin ich dich endlich los, worauf sein erwecktes Gewissen - das einzige was er versteht - ihn mit Vorwürfen überschüttet. Ich bitte um Kundgebung Ihres Eindrucks.
2) Referat von Ossipow. Sie werden zu entscheiden haben, ob es als Vorläufer des Buches in der Zeitschr gedruckt werden soll, oder nicht.
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3) Ihr Brief an Reik. Nichts einzuwenden! Die Angelegenheit muß durch den Vorkongress reiflich erwogen werden. Soll man Reik nicht einen Weg zum Rücktritt von seinem Posten, für den er doch nicht geeignet scheint, bahnen?
4) Der Streit der Italiener. Ich teile Ihren Standpunkt daß der Herausgeber dabei seine Rechte nicht überschritten hat. Wenn seine Vorrede nicht gut ist, so ist die des Übersetzers doch nicht schlechter. Natürlich muß man mit den aufgeregten Romanen diplomatisch verfahren.
5) Der Vorschlag von Reich sehr lobenswert. Könnte das Seminar nicht die technischen Abende auffangen und in den Wochen tagen welche die Gesellschaft frei läßt? Auch ein Thema für die Komitebesprechung. ---
Abraham hat die Absicht, den Kongress auf 4 Tage zu verlängern. Meine Tendenz ist, möglichst wenig selbst zu entscheiden. Gut, wenn es nicht anders geht, die Erfahrung wird lehren, ob es beizubehalten ist.Jones schickt wieder neue Einteilung der Aufsätze für die Samml. Ich muß doch darauf bestehen, daß Charakter und Analerotik zu den Clinical gehört, am liebsten auch die Fortsetzung, Triebumsetzungen insbesondere Analerotik. Dagegen kann "Tr. als Beweismittel" sehr gut ins Angewandte. Unterdess rückt wenigstens nichts vor.
Mit herzlichen Grüßen an Sie mit Weib und Kind und alle Meteorologen von Seefeld
Ihr Freud
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