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Herrn Dr Otto Rank
Rad. Asp.
bei Krakauer ZeitungDunajewskigasse 5
KrakauSalzburg 31. 7. 16.
PROF. DR. FREUD H. Bristol WIEN IX., BERGGASSE 19Lieber Herr Doktor
Ihre Idee, dass in dem Benehmen der Penelope die Ambivalenz, die Neigung zur Untreue enhalten ist, welche ihr die spätere Sage direkt vorhält, ist so treffend, dass sie mich heute am Arbeiten hindert ohne dass ich natürlich etwas dazugeben könnte. Man ahnt, dass da mehr dahinter steckt. Wie das W[?]eben u. Trennen [?] dazu kommt, ist auch nicht durchsichtig, das Weben muss seinem Ursprung nach die Bedeutg des Verhüllens, das Trennen die des Entblössens (des Genitales) bekommen haben. Jedenfalls zeigt Ihr Einfall wieder, dass Ihre Homerarbeit bestimmt ist, etwas zu werden. Sie sollen auch während Ihres Urlaubs den Besuch im Orient nicht versäumen, vielleicht können Sie das wirkliche Troja besuchen u haben dabei einen neuen Einfall.
Was ich Ihnen sagen wollte, kann ich auch schreiben. Die poetische Bemächtigg besteht darin, dass man ein, sagen wir historisches, Thema sexualisirt, also anstatt der Stadt die Frau setzt. Das thut die Sage -, es muss dabei Motive geben, das Historische nicht in seiner realen Form erinnern zu wollen. Nun entsteht eine
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Symboldifferenz, u die treibt die Sagenbildung weiter, in dem Mass als sich die Ahnung des symbol Zusammenhanges abschwächt (oder dieses selbst?) So wird die Helena zuerst von aller menschlicher Beurteilung ferngehalten, sie ist schuldlos, entwickelt ihre Gefüle nicht mit den Situationen, dh sie ist eigentlich doch kein Weib, sondern noch immer die Stadt. Endlich löst sich dieser Einfluss. In den Troerinnen [?] des Euripides ist sie ganz Weib, Intrigantin, verteidigt sich gegen Beschuldiggen; nichts erinnert mehr daran, dass sie eigentlich ein Symbol für die Stadt war. Auch das nicht Altern aller dieser Sagenheldinnen würde auf Stadt oder Land bezogen, sinnreich werden. Es wären nun ähnliche Fälle zu suchen. -----
Uns geht es in Salzbg sehr gut. Die Stadt ist reizend, bis auf Waldstreifen [?] sind alle Bedürfnisse befriedigt. Ich habe schon zwei neue Vorlesungen fertig. Ernst erwarten wir am 4/8, vielleicht als Ltt. Heller u Sachs werde ich heute schreiben, warte nur noch die Mittagspost ab. Ferenczi schreibt heute, dass er noch Ferienwochen bei mir, vielleicht Ende Sept zubringen kann. Ich freue mich Ihrer guten Nachrichten u grüsse Sie herzlich
Freud
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