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    PROF. DR. FREUD 
    WIEN IX., BERGGASSE 19

    2. 4. 1933

    Dear Dr Sachs

    Ich habe mir viel Zeit genommen, 
    Ihre mir eingeschickten Vorlesungen 
    durchzusehen, und wenn ich auch manches 
    anders gewünscht hätte, glaube ich doch 
    sagen zu können, dass „sie eine 
    lehrreiche und wertvolle Einführung 
    in die so schwer darstellendebare Wissen-
    schaft der Psychoanalyse bedeuten“.  Dieser 
    letzte Satz steht zu Ihrer Verfügung, 
    wenn Sie meinen, eine Empfehlung 
    nicht entbehren zu können.  Daß 
    Sie Schwierigkeiten finden und noch 
    weiter finden werden, soll mich nicht 
    wundern. Warum sollte es in Süd-
    afrika anders sein als an allen 
    anderen Orten?

    Nachstehend einige nicht geringfügige Bemerk-
    ungen zum Manuskript:

    Lect VIII p 1.  Daß ich den Analcharakter vor 
    der Libidoentwicklg beschreiben, ist nicht 
    richtig (Analchar 1908)

    p 3  Darstellung besonders schwach

    Lect IV u V.  Darstellung des Oedipus als eines 
    ubw Prozeß ist sehr anzuzweifeln.  Die Haß 
    u Liebesregungen der Kindheitsjahre sind 
    genau so bwfähig wie alle anderen, wer-
    den auch oft genug laut geäußert. Ubw 
    sind die Oedip-Regungen zumeist bei 
    ihrer Erneuerung in der Pubertätszeit.

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    Lect VI. p 1 über Bw.  Kann ich nicht beistim̄en. Bw muß 
    dort sein, wo Wahrnehmung ist.  Man kann 
    daher h nicht sagen, Bw sei die jüngste Erwerbg 
    des Gehirns. Verwirrung durch die Einbe-
    ziehung der Gehirnanatomie mit der man 
    in der Psychologie vorsichtig sein muss. 
    Daher auch die Bemerkung auf p 3 über das 
    autonome Nervensystem ganz u gar nicht 
    am Platz.

    Das wäre alles, was ich an wirklichen Ver-
    stößen zu erwähnen hätte.

    Im Übrigen wünsche ich Ihnen u Ihren 
    Mitarbeitern Ausdauer und viel 
    Erfolg in Ihren Bemühungen.

    Ihr ergebener
    Freud