1895-103/1895 [Entwurf einer Psychologie] [Teil 1, 2]
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    I. Teil

    Allgemeiner Plan.

    Einleitung

    Absicht naturwissensch Psych zu liefern, dh psych
    Vorgänge darstellen als quantit bestim̄te Zustän
    aufzeigbarer materieller Theile, damit anschaulich u
    widerspruchsfrei zu machen. Enthalten zwei Hauptideen

    Das was Thätigkeit & Ruhe unterscheidet als Q aufzufassen
    die allgemeinen Beweggsgesetz unterworfen, 2) als
    materielle Theilchen die Neurone zu nehmen.

    N u Q – Ahnliche Versuche jetzt häufig –
    ___________________________________________

    a) Erste Hauptsatz

    Die quantitative Auffassung.

    Sie ist direkt patholog. klinisch Beobachtg entnom̄en
    besonders wo uberstarke Vorstellg handelte, Hysterie
    Zwang, wobei wie sich zeigen wird der quantit
    Character reiner als in normal hervortritt.

    Vorgänge Reiz Substitut, Conversion Abfuhr
    die dort zu beschreiben waren, haben direk
    die Auffassung der N.erregg als fließende
    Quant nahe gelegt. Ein Versuch das hier Erkan̄te
    verallgemeinern schien nicht unstatthaft. 

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    Von dieser Betrachtg an ließ sich ein Grundprincip
    der Nthätgkeit mit Beziehg auf die Q aufstellen
    das viel Licht versprach, indem es die gesam̄te
    Funktion umfaßen schien. Es ist dies Princip
    der N-Trägheit, daß N sich Q zu entledigen
    trachtet. Bau u Entwicklg sowie Leistgen
    hiernach zu verstehen

    Prcp der Trägh erklärt zunächst Bau-Zweispältigk
    in motor u sensibel, als Einrichtg die Qaufnahm
    durch Abgabe aufzuheben. Die Reflexbewegg als
    feste Form dieser Abgabe jetzt verständlich. Das
    Princip giebt das Motiv f. d. Refelexb. Geht man
    von hier aus weiter zurück, so hat man das
    Nsy zuerst als Erbe der allgem Reizbarkeit
    des Protopl mit der reizbar Außenfläche verknüpft
    die durch größere Strecken unerregbarer
    zersprengt ist. Ein primär Nsy bedient sich dieser
    so erworbener Q, um sie durch Verbindg an
    die Muskelmaschinen abzugeben u erhält sich
    so reizlos. Diese Abfuhr stellt die Primärf
    des Nsy dar. Hier ist Platz für Entwicklg

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    Sekfunktion, indem unter Abfuhrwegen solche bevorzugt
    u erhalten, mit denen Aufhören des Reizes verbunden
    ist, Reizflucht. Hiebei besteht im Allgem Propor 
    zwischen Erregungsq u zur Reizfl nöthigen Leistg,
    so daß das Träghprinzip hiedurch nicht gestört wird.

    Allein das Träghpr wird von Anfang durchbrochen durch anderes
    Verhältniß. Mit Complexität des In̄eren nim̄t das Nsy Reize auf
    aus Körperelement selbst, endogene Reize, die gleichfalls abge-
    führt werden sollen. Diese entstam̄en Körperzellen u ergeben
    die großen Bedürfniße, Hunger, Athem, Sexualität. Diesen
    kan̄ sich der Org nicht entziehen wie den Außreizen, er
    kan̄ ihre Q nicht zur Reizfl verwenden. Sie hören auf nur
    unter bestim̄t Bedinggen, die in der Außenwelt realisirt
    werden müßen. Z. B. Nahrgsbedürfniß. Um diese Aktion, die
    specif genannt werden verdient, zu vollführ, bedarf es
    einer Leistg, die unabhängig ist von endogen Qἠ, im Allgem 
    größer, da Individ unter Bedingg gesetzt, die man als
    Noth des Lebens bezeichnen kann. Hiemit ist Nsy gezwung 
    die ursp Tendenz zur Trägheit dh zum Niveau = 0 
    aufzugeben. Es muß sich Vorrath von Q gefallen
    laßen, um Anforderg specif Aktion zu genügen.
    In Art, wie dieß macht, zeigt sich indeß die
    Fortdauer derselb Tendenz modificirt

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    zum Bestreben die Qἠ wenigstens möglichst niedrig
    halten u sich gegen Steigerg zu wehren, dh constant
    zu halten. Alle Leistgen des Nsy sind entweder
    unter Gesichtsp der Primärf oder der Sekf 
    den durch Noth des Lebens aufgedrungen zu
    bringen.

    Zweiter Hauptsatz.

    Die Ntheorie

    Der Gedanke mit dieser Qἠtheorie die Kenntniß
    der N zu combiniren, wie sie die neuere
    Histologie ergeben, ist zweiter Pfeiler dieser
    Lehre. Hauptinhalt dieser neuen Erkenntniß
    ist, daß das Nsy aus distinkten gleich gebauten
    N besteht, die sich durch Vermittlg fremder
    Masse berühren, die an ein ander endigen
    wie an fremden Gewebstheilen, in denen
    gewiße Leitgsrichtgen vorgebildet sind, indem sie
    mit Zellforts aufnehmen, mit Axencyl 
    abnehmen. Dazu noch reichliche Verzweigg
    mit Verschiedheit des Kalibers.

    Combinirt man diese Darstellg der N mit der
    Auffassg der Qἠtheorie, so erhält man die
    Vorstellg eines besetzten N, das mit gewißer
    Q gefüllt, andere Male leer sein kann. 

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    Das Träghp findet seinen Ausdruck in Annahme
    einer Strömg, die von Zelleib oder Fortsätzen
    zum Ax gerichtet ist: Das einzelne N ist so Abbild
    des gesamten Nsy mit seinem zwiespältigen Bau,
    der Axcyl das Abfuhrorgan. Die Sekf aber 
    die Aufspeicherg von Q verlangt, ist ermöglicht
    durch die Annahme von Widerständen, die sich der
    Abfuhr entgegensetzen und der Bau der N legt
    es nahe die Widerstände sämtlich in
    die Contacte zu versetzen, die hiedurch
    den Wert von Schranken erhalten.

    Die Annahme der Cschr ist fruchtbar nach vielen
    Richtungen.

    Die Contactschranken:

    Die erste Berechtigung zu dieser Annahme entspringt
    der Erwägg, daß hier die Leitung über undifferenzirtes
    Protoplasma geht anstatt wie sonst in̄erhalb des N
    über differenzirtes, wahrscheinlich zur Leitg besser
    geeignet. Man bekom̄t so einen Wink, das Leitgs-
    vermögen an die Differenzirg zu knüpfen, so daß
    erwarten darf, durch den Leitungsvorgang selbst
    werde eine Differenzirg im Protopl u damit ein
    besseres Leitungsvermögen für fernere Leitungen
    geschaffen.

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    Ferner läßt die Cschrtheorie folgend Verwerthgen
    zu: Eine Haupteigenschaft des Nervengewebes ist das
    Gedächtniß dh ganz allgemein die Fähigkeit durch
    einmalige Vorgänge dauernd verändert zu werden.
    was einen so auffälligen Gegensatz giebt zum Verhalten
    einer Materie, die eine Wellenbewegg durchläßt
    u darauf in ihren früheren Zustand zurückkehrt.

    Eine irgend beachtenswerte psychol. Theorie muß eine
    Erklärg des „Gedächtnißes“ liefern. Nun stößt jede
    solche Erklärg auf die Schwierigkeit, daß sie einerseits
    annehmen muß, die N seien nach der Erregung dauernd
    anders als vorher, während doch nicht geleugnet
    werden kann, daß die neuen Erreggen im Allgemeinen
    auf dieselben Aufnahmsbedinggen stoßen wie die
    früheren. Die N sollen also sowol beeinflußt sein
    als auch unverändert, unvoreingenom̄en. Einen Apparat,
    der diese complicirte Leistg vermöchte, können
    wir vor der Hand nicht aus denken; die Rettung
    liegt also darin, daß wir die dauernde Beein-
    flußung durch die Erregg einer Klasse von N zuschreiben,
    die Unveränderlichkeit dagegen, also die Frische für
    neue Erreggen einer anderen. So entstand die
    gangbare Scheidg von „Wahrnehmungszellen“ und
    „Erinnerungszellen“, die sich aber sonst in nichts

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    einfügt selbst sich auf nichts berufen kann.

    Wenn die Cschrtheorie sich diesen Ausweg aneignet, so
    kan̄ sie ihm folgenden Ausdruck geben: Es giebt 2 
    Klassen von N, solche, die Qἠ durchlassen, als ob sie keine
    Cschr hätten, die also nach jedem Erreggsablauf im
    selben Zustande sind wie vorher, und 2) solche,
    die deren Contactschr sich geltend machen, so daß
    sie Qἠ nur schwer oder nur partiell durchlassen.
    Solche können nach jeder Erregg im anderen Zustande
    sein als vorher, ergeben also eine Möglichkeit, das
    Gedächtniß darzustellen.

    Es giebt also durchlässige (keinen Widerstand leistende
    u nichts retenirende) N, die der Wahrnehmg dienen 
    undurchlässige (mit Widerstand behaftete u Q zurück-
    haltende), die Träger des Gedächtnißes, wahrscheinlich
    also der psych. Vorgänge überhaupt sind. Ich will
    das erstere System von Neuronen fortan φ, das
    letztere ψ nennen.

    Es ist jetzt gut sich klarzumachen, welche Annahmen
    über die ψ N nothwendig sind, um die allgemeinsten
    Charactere des Gedächtnißes zu decken. Das Argument
    ist: sie werden durch den Erreggsablauf dauernd
    verändert. Mit Einfügg der Cschrtheorie: ihre Cschr
    gerathen in einen dauernd veränderten Zustand. 

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    Und da die psych Erfahrg zeigt, daß es ein Üben, Erlernen 
    giebt auf Grund des Gedächtnißes, muß diese Veränderg
    darin bestehen, daß die Cschr leitungsfähiger, minder
    undurchlässig werden, also denen des φ Systems ähnlicher.
    Diesen Zustand der Cschr 
    wollen wir als Grad der
    Bahnung bezeichnen. Dan̄ kan̄ man sagen: Das Gedächtniß
    ist dargestellt durch die zwischen den ψN vorhandenen
    Bahnungen.

    Nehmen wir an, daß alle ψ Cschr gleich gut gebahnt wären
    oder den gleichen Widerstand böten, was dasselbe ist,
    so bekämen die Charaktere des Gedächtnißes offenbar
    nicht heraus. Denn das Gedächtniß ist im Verhältniß 
    zum Erreggsablauf offenbar eine der bestimmenden 
    den Weg weisenden Mächte u bei überall gleicher
    Bahng wäre eine Wegbevorzugung nicht einzusehen.
    Man kan̄ daher noch richtiger sagen: Das Gedächtniß 
    sei dargestellt durch die Unterschiede
    in den
    Bahnungen zwischen den ψ Neuronen. 

    Wovon hängt nun die Bahnung in den ψN ab? Nach
    der psych Erfahrg hängt das Gedächtniß, dh: die fort-
    wirkende Macht eines Erlebnißes ab von einem
    Faktor, den man die Größe des Eindrucks nen̄t,
    und von der Häufigkeit der Wiederholg desselben
    Eindrucks. In die Theorie übersetzt: Die Bahng hängt

    [Editorische Anmerkung:
    Zeile 1: „Üben, Erlernen“
    In GWN 392, findet sich „Über-Erlernen“
    CD_2022-0510
    ]

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    ab von der Q, die im Erreggsvorgang durch das N läuft,
    u von der Wiederholungszal des Vorganges. Dabei zeigt
    sich also Q
    als das wirksame Moment, die Quantität
    u die Bahnung als Erfolg der Q
    , gleichzeitig als das,
    was die Q
    ersetzen kann.

    Wie unwillkürlich denkt man hier an das ursprüngliche
    durch alle Modifikationen festgehaltene Bestreben
    des Nsy, sich die Belastung durch Q
    zu ersparen
    oder sie möglichst zu verringern. Durch die Not des Lebens
    gezwungen hat das Nsy sich einen Q
    -Vorrat anlegen
    müßen. Dazu eine Vermehrg seiner N bedurft u diese
    mußten undurchlässig sein. Nun erspart es sich die Erfüllg
    mit Q
    die Besetzung wenigstens theilweise, indem es
    die Bahnungen herstellt. Man sieht also, die Bahngen dienen
    der Primärfunktion.en

    Noch eines fordert die Anwendg der Gedächtnißforderg auf die
    Cschrtheorie: Jedem ψN sind im Allgemeinen mehrere Verbindgs-
    wege mit anderen N, also mehrere Cschr zuzuschreiben. Darauf
    beruht ja die Möglichkeit der Auswal, die durch die
    Bahng determinirt wird. Ganz einleuchtend jetzt, daß der
    Bahngszustand der einen Cschr unabhängig sein muß
    von dem aller anderen Cschr desselben ψN; sonst erhielte
    sich wieder keine Bevorzugg, also kein Motiv. Hieraus
    ka­n̄ man einen negativen Schluß ziehen auf die Natur
    des „gebahnten“ Zustandes. Denkt man sich ein N mit Qἠ

    erfüllt, also besetzt, so kan̄ man diese Q nur gleichmäßig

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    annehmen über alle Regionen des N, also auch über
    alle Cschr derselben. Dagegen hat es keine Schwierigkeit
    sich vorzustellen, daß bei strömender Q nur ein
    bestim̄ter Weg durch das N genom̄en wird, so daß nur
    eine 
    Cschr der Einwirkg der strömenden Q unterliegt
    u nachher davon Bahnung übrig behält. Es kann also
    die Bahng nicht ihren Grund haben in einer zurückgehaltenen
    Besetzg, dabei ergäben sich nicht die Unterschiede in
    der Bahng der
    Cschr desselben N.

    Worin die Bahng sonst besteht, bleibt dahingestellt. Man
    könnte zunächst denken: in der Absorption von Q durch
    die
    Cschr. Vielleicht fällt hierauf später Licht. Die Q
    die Bahng hinterlassen hat, wird wol abgeführt, gerade
    in Folge der Bahnung, die ja durchlässiger macht. Es
    ist übrigens nicht nothwendig, daß die Bahng, die nach
    einem Qablauf bleibt, so groß ist, wie sie während
    des Ablaufes sein mußte. Möglich, daß nur ein
    Quotientbetrag davon als dauernde Bahng bleibt.
    In soferne läßt sich auch noch nicht übersehen, ob es
    gleichwertig ist, wen̄ eine Q:3 auf einmal oder
    eine Q auf 3mal abläuft. All dies bleibt späteren
    Anpassungen der Theorie an die psychischen Thatsachen
    vorbehalten.

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    Der biologische Standpunkt.

    Mit der Annahme zweier Nsysteme φ u ψ, von denen φ
    aus durchlässigen, ψ aus undurchlässigen Elementen besteht,
    scheint die eine Eigenthümlichkeit des Nsy, zu
    u doch aufnahmsfähig zu bleiben, der Erklärg zugeführt
    Alles psychische Erwerben bestünde dan̄ in der Gliederung des
    ψ Systems durch theilweise u topisch bestim̄te Aufhebg
    des Widerstandes in den Cschr, der φ und ψ unterscheidet.
    Mit dem Fortschritt derselben hätte die Aufnahmsfrische
    des Nsy thatsächlich eine Schranke gefunden
    .

    Indeß wird jeder, der sich mit Hypothesenbauen wissenschaftlich
    beschäftigt, erst dann begin̄en, seine Aufstellungen ernst zu
    nehmen, wenn sie von mehr als einer Seite her sich in das
    Wissen einfügen lassen, u wenn sich die Willkürlichkeit
    der Constructio ad hoc bei ihnen mildern läßt. Gegen
    unsere Cschrhypothese wird eingewendet werden, daß sie 2 
    Klassen von N annim̄t mit fundamentaler Verschiedenheit
    der Funktionsbedinggen, für welche Scheidg zunächst andere

    Begründg. fehlt. Morphologisch wenigstens, dh histologisch, ist
    keine Unterstützg dieser Sonderung bekannt.

    Woher soll man sonst einen Grund zu dieser Klassentheilg
    nehmen? Wen̄ möglich aus der biologischen Entwickelg
    des Nsy, das für den Naturforscher wie alles Andere
    etwas allmählich Gewordenes ist. Man verlangt zu wissen,
    ob die 2 Nklassen biologisch verschiedene Bedeutung gehabt

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    haben können, u wen̄ ja, durch welchen Mechanismus sie
    sich zu den so verschiedenen Characteren der Durchlässigkeit
    u Undurchlässigkeit entwickelt haben mögen. Natürlich
    wäre es am meisten befriedigend, wenn der
    gesuchte Mechanismus sich selbst aus der primitiven
    biologischen Rolle ergäbe; man hätte da
    beide
    Fragen mit einer Antwort gbehoben.

    Nun erin̄ern wir uns, daß das Nsy von Anfang an 
    2 Funktionen hatte, die Reize von Außen aufzunehmen,
    u die endogen entstandenen Erreggen abzuführen.
    Aus letzterer Verpflichtung ergab sich ja durch die Noth des
    Lebens der Zwang zur weiteren biologisch Entwicklg.
    Nun könnte man vermuten, unsere Systeme φ u ψ
    seien es aber, die jedes eine dieser primären Ver-
    pflichtgen auf sich genom̄en hätten. Das System φ sei
    jene Gruppe von N, zu der die Außenreize gelangen,
    das System ψ enthielte die N, welche die endogenen
    Erreggen aufnehmen. Dan̄ hätten wir die beiden, φ u ψ, nicht
    erfunden, sondern sie vorgefunden. Es erübrigt noch
    sie mit Bekan̄tem zu identificiren.
    Ken̄en wir aus der Anatomie ein System von N (das
    Spinalgrau), welches allein mit der Außenwelt
    zusam̄enhängt, und ein superponirtes (das Gehirngrau)
    das keine direkten peripher Verbindgen hat

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    an dem aber die Entwicklg des Nsy und die psychischen
    Funktionen haften. Das primäre Gehirn paßt nicht übel zu
    unserer Characteristik des Systems ψ, wen̄ wir annehmen
    dürfen, daß das Gehirn direkte u von φ unabhängige
    Bahnen zum Körperin̄eren hat. Die Herkunft u ursprüngl
    biologische Bedeutg des primären Gehirns ist nun den
    Anatomen nicht bekannt; nach unserer Theorie wäre es
    ein Sympathicusganglion direkt herausgesagt. Es ist hier
    die erste Möglichkeit, die Theorie an thatsächlich
    Material zu prüfen.

    Vorläufig halten wir das ψ System für identificirt mit
    dem Gehirngrau. Man versteht nun leicht aus den einleitenden
    biolog. Bemerkung, daß gerade ψ der Weiterentwicklung unterliegt
    durch Nvermehrung und Qanhäufung u sieht auch ein, wie zweckmäßig
    es ist, daß ψ aus undurchlässigen N besteht, da es sonst
    den Anforderungen der spezif Aktion nicht nachkom̄en
    könnte. Allein auf welchem Wege ist ψ zur Eigenschaft der
    Undurchlässigkeit gekom̄en? φ hat doch auch Contactschranken,
    wen̄ diese so gar keine Rolle spielen, warum die Cschr
    von ψ? Die Annahme einer urspr Verschiedenheit in der
    Wertigkeit der Cschr von φ u ψ hat wieder den mißlichen
    Character von Willkür, obwol man sich jetzt nach
    Darwinschen Gedankengängen auf die Unentbehrlichkeit u somit
    das Überleben undurchlässiger N berufen könnte.

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    Ein anderer Ausweg scheint fruchtbarer u anspruchsloser
    zu sein. Erin̄ern wir uns, daß auch die Cschr von ψ N
    schließlich der Bahng unterliegen u daß es die Q ist,
    welche sie bahnt. Je größer die Q im Erreggsablauf,
    desto größer die Bahng, dh aber die Annäherg an
    die Charactere von φN. Verlegen wir daher die
    Unterschiede nicht in die N, sondern in die Quant, mit
    denen sie zu thun haben. Dan̄ ist zu vermuthen, daß
    auf den φN Quant ablaufen, gegen welche der Cschr-
    widerstand nicht in Betracht kom̄t, daß aber zu den
    ψN nur Quant gelangen, die von der Größenordnung
    dieses Widerstandes sind. Dan̄ würde ein φN undurch-
    lässig u ein ψN durchlässig werden, wen̄ wir ihre Topik
    u Verbindungen vertauschen könnten; sie behalten aber
    ihre Charactere, weil sie - das φN nur mit der Peripherie,
    das ψN nur mit dem Körperin̄ern zusam̄enhängen.
    Die Wesensverschiedenheit ist durch eine Schicksals-Milieu-
    verschiedenheit ersetzt.

    Wir haben aber jetzt die Annahme zu prüfen, ob
    man sagen darf, von der Außenperipherie gelangten
    Reizquantit höherer Ordng zu den N als von der
    In̄enperipherie des Körpers. Dafür spricht wirklich
    mancherlei.

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    Zunächst keine Frage, daß die Außenwelt die Herkunft aller
    großen Energiequantitäten ist, da sie nach physiß Erken̄tnis
    aus mächtigen heftig bewegten Massen besteht, die ihre
    Bewegg fortpflanzen. Das System φ, welches dießer Außen-
    welt zugekehrt ist, wird die Aufgabe haben, die auf die N
    eindringenden Q möglichst rasch abzuführen, wird aber
    jedenfalls der Einwirkg großer Q ausgesetzt sein.

    Das System ψ ist nach unserer besten Ken̄tnis außer Verbindg
    mit der Außenwelt, es empfängt Q nur einerseits von den
    φN selbst andere von den zelligen Elementen im Körper-
    in̄ern u es handelt sich jetzt darum wahrscheinlich zu machen,
    daß diese Reizq niedrigerer Größenordng sind. Es
    stört vielleicht zuerst die Thatsache, daß wir den ψN zwei so
    verschiedene Reizquellen wie φ und die Körperin̄enzellen
    zuerken̄en müßen; allein gerade hier hilft uns die neuere
    Histologie des Nsy in zureichender Weise. Sie zeigt,
    daß Neuronendigg und Neuronverbindg nach demselben Typus
    gebaut ist, daß die N an einander endigen wie an
    den Körperelementen; wahrscheinlich ist auch das Funktionelle
    beider Vorgänge gleichartig. Es wird sich wahrscheinlich
    bei der Nervenendigg um ähnliche Quant handeln
    wie bei der interzellulären Leitung. Wir dürfen
    auch erwarten, daß die endogenen Reize von solcher
    intraerzellulären Größenordnung sind. Im Übrigen eröffnet
    sich hier ein zweiter Zugang zur Prüfg der Theorie.

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    Das Quantitätsproblem.

    Ich weiß nichts über die absolute Größe intercellulärer
    Reize, werde mir aber die Annahme gestatten, sie
    seien von geringer Größenordnung u von derselben
    wie die Widerstände der Cschr, was dan̄ leicht einsichtlich
    ist. Mit dieser Annahme ist die Wesensgleichheit der
    φ u ψ N gerettet u deren Verschiedenheit in Betreff der
    Durchlässigkeit biologisch u mechanisch erklärt.

    An Beweisen ist hier Mangel, desto interessanter sind gewiße
    Ausblicke und Auffassgen, die sich an obige Annahme
    knüpfen. Zunächst, wen̄ man sich von der Größe der Q in
    der Außenwelt den richtigen Eindruck geholt hat, wird
    man sich fragen, ob die ursprüngliche Tendenz des Nsy, die Q auf
    0 zu erhalten, den̄ ihr Genüge an der raschen Abfuhr
    findet, ob sie sich nicht schon bei der Reizaufnahme
    betätigt? Thatsächlich sieht man die φN nicht frei an
    der Peripherie endigen, sondern unter Zellbildungen
    die an ihrer Statt den exogenen Reiz aufnehmen.
    Diese „Nervenendapparate" im allgemeinsten Sinn könnten
    wohl den Zweck haben, die exogenen Q nicht unverringert
    auf φ wirken zu lassen, sondern zu dämpfen. Sie hätten
    dan̄ die Bedeutg von Q-Schirmen, durch die nur
    Quotienten der exogenen Q durchgehen.

     

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    Dazu stim̄t es dann, wenn die andere Art der Nerven-
    endigg, die freie, ohne Endorgane in der Körperin̄enperi-
    pherie die bei Weitem bevorzugtere ist. Dort scheint
    es keiner Q-Schirme zu bedürfen, wahrscheinlich weil die
    dort aufzunehmenden Q nicht erst die
    auf das intercelluläre Niveau erfordern, sondern von vorne
    herein so sind.

    Da man die Q berechnen kann, die von den
    der φN aufgenom̄en werden, ergibt sich hier vielleicht ein
    Zugang, sich von den Größen, die zwischen ψN ablaufen,
    die also von der Art der Cschrwiderstände sind, eine Vor-
    stellung zu verschaffen.

    Man ahnt hier ferner eine Tendenz, die etwa den Aufbau
    des Nsy aus mehreren Systemen beherrschen mag: immer
    weiter gehende Abhaltg von Q von den N. Der Aufbau
    also des Nsy dürfte der Abhaltung, die Funktion
    der Abfuhr der Q von den N dienen.

    Der Schmerz

    Alle Einrichtungen biologischer Natur haben ihre Wirksamkeits-
    schranken, außerhalb deren sie versagen. Dieß Versagen
    äußert sich in Phänomenen, die ans Pathologische streifen,
    sozusagen die Normalvorbilder für das Pathologische geben.
    Wir haben das Nsy so eingerichtet gefunden, daß die

     

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    großen äußeren Q von φ u noch mehr von ψ abge-
    halten werden: die Nervenendschirme, die blos
    indirekte Verbindg von ψ mit der Außenwelt. Gibt
    es eine Erscheing, die sich zur Deckg bringen läßt mit dem
    Versagen dieser Einrichtungen.? Ich glaube, es ist der
    Schmerz.

    Alles was wir vom Schmerz wissen, stim̄t hiezu. Das Nsy hat
    die entschiedenste Neigg zur Schmerzflucht. Wir erblicken
    darin die Äußerg der primären Tendenz gegen die
    Erhöhg der Qspan̄ung u schließen, der Schmerz bestehe
    in dem Hereinbrechen großer Q nach ψ. Dan̄ sind
    die beiden Tendenzen eine einzige. Der Schmerz setzt
    das φ wie das ψ System in Bewegg, es gibt für ihn kein
    Leitgshinderniß, er ist der gebieterischeste aller Vorgänge
    Die ψN scheinen also durchlässig für ihn zu sein; er besteht
    also in der Aktion von Q höherer Ordnung.

    Die Schmerzanlässe sind einerseits quantitat Steigerg; jede
    sensible Erregg neigt zum Schmerz mit Zunahme des
    Reizes, selbst der höchsten Sinnesorgane. Dies ist
    ohne weiteres als Versagen zu verstehen. Anderer-
    seits gibt es Schmerz bei geringen Außenquantit
    u dieser ist dan̄ regelmäßig an Continuitätstren̄g

     

     

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    gebunden, dh äußere Q, die auf die Enden der
    φN direkt wirkt, nicht durch die Nervenendapparate,
    ergibt Schmerz. Der Schmerz ist hiedurch characterisirt
    als Hereinbrechen übergroßer Q nach φ u ψ, dh solcher
    Q, die von noch höherer Ordng sind als die φReize.

    Daß der Schmerz alle Abfuhrwege geht, ist leicht
    verständlich. In ψ hinterläßt er nach unserer Theorie
    daß Q Bahng  macht wol dauernde Bahngen, wie
    wen̄ der Blitz durchgeschlagen hätte, Bahngen, die möglicher-
    weise den Widerstand der Cschr völlig aufheben u
    dort einen Leitgsweg etabliren, wie er in φ besteht.1

    Das Qualitätsproblem.

    Es ist bisher gar nicht zur Sprache gekom̄en, daß jede psych.
    Theorie außer den Leistgen von naturwissensch Seite her
    noch eine große Anforderg erfüllen muß. Sie soll uns
    erklären, was wir auf die rätselhafteste Weise durch
    unser „Bewußtsein" ken̄en, u da dieß Bewußtsein
    von den bisherigen Annahmen, Quantit u Neuronen – nichts
    weiß, uns auch dieses Nichtwissen erklären.

    Sofort werden wir uns einer Voraussetzg klar, die uns
    bisher geleitet hat. Wir haben die psychischen Vorgänge
    als etwas behandelt, was dieser Kenntniß durch das
    Bewußtsein entbehren könnte, was unabhängig

     

  • S.

    20

    von einer solchen existirt. Wir sind darauf gefaßt, einzelne
    unserer Annahmen nicht durch das Bewußtsein bestätigt
    zu finden. Wen̄ wir uns darum nicht irre machen
    lassen, so folgt dieß aus der Voraussetzg, das Bewußtsein
    gebe weder vollständige noch verläßliche Kenntniß der
    N-Vorgänge; dieselben seien im ganzen Umfang
    zunächst als unbewußt zu betrachten u wie andere natürliche
    Dinge zu erschließen.

    Dan̄ aber ist der Inhalt des Bewußtseins einzureihen in
    unsere quantit ψ Vorgänge. Das Bewußtsein gibt uns,
    was man Qualitäten heißt, Empfindungen, die in großer
    Man̄igfaltigkeit anders sind u deren Anders nach
    Beziehgen zur Außenwelt unterschieden wird. In diesem
    Anders gibt es Reihen, Ähnlichkeiten udgl, Quantitäten
    gibt es eigentlich darin nicht. Man kann fragen, wie
    entstehen die Qualitäten u wo entstehen die Qualitäten?
    Es sind Fragen der sorgsamsten Untersuchg bedürftig, über
    die hier nur ungefähr gehandelt werden kann.

    Wo? entstehen die Qualitäten? In der Außenwelt nicht denn
    nach unserer naturw Anschauung, der hier auch die Psychol
    unterworfen werden soll, giebt es draußen nur bewegte
    Maßen, nichts sonst. Im φ System etwa? Dem stim̄t zu,
    daß die Qualit an die Wahrnehmg geknüpft sind, widerspricht

     

  • S.

    21

    aber alles, was für den Sitz des Bewußtseins in oberen Etagen
    des Nsy mit Recht geltend zu machen ist. Also im ψ-System. Dagegen
    gibt es nun einen wichtigen Einwand. Bei der Wahrnehmg sind
    das φ u das ψ System mitsam̄en thätig; es giebt nun einen psych
    Vorgang, der sich wohl ausschließlich in ψ vollzieht, das Reproduzieren
    oder Erin̄ern, u dieser ist allgemein gesprochen qualitätslos.
    Die Erinnerung bringt de norma nichts von der besonderen Art der
    Wahrnehmgsqualität zu Stande. So schöpft man Mut zur Annahme,
    es gäbe ein drittes System von N, w etwa, welches bei der
    Wahrnehmg mit erregt wird, bei der Reproduktion nicht, dessen
    Erreggszustände die verschiedenen Qualitäten ergeben, dh bewußte
    Empfindungen sind.

    Hält man fest, daß unser Bewußtsein nur Qualitäten liefert,
    während die Naturwissenschaft nur Quantitäten anerkennt,
    so ergibt sich wie aus einer Regel de tri eine Characteristik
    der ω N. Während nämlich die Wissenschaft sich zur Aufgabe
    gesetzt hat, unsere Empfindungsqualit. sämtlich auf äußere
    Quantit zurückzuführen, ist vom Bau des Nsy zu erwarten,
    daß es aus Vorricht
    gen bestehe, um die äußeren Quant
    in Qualit zu verwandeln, womit wieder die
    Tendenz zur Abhaltung von Quantit siegreich erscheint.
    Die Nervenendapparate waren ein Schirm, um nur Quotienten
    der äußeren Quant
    zur Wirkg auf φ zuzulassen, während φ
    gleichzeitig die grobe Quantabfuhr besorgt. Das System ψ
    war vor höheren Ordngen
    von Quant bereits geschützt
    hatte nur mit intercellulären Größen zu thun. In weiterer
    Fortsetzg ist zu vermuthen, daß das System w von noch 

  • S.

    22

    geringeren Quant. bewegt wird. Man ahnt, es käme
    der Qualitätscharacter (also die bewußte Empfindg) nur dort
    zu stande, wo die Quant möglichst ausgeschaltet sind.
    Ganz beseitigen läßt sie sich nicht, den̄ auch die ωN
    müßen wir uns mit Q besetzt und zur Abfuhr strebend
    denken.

    Damit eröffnet sich aber eine anscheinend ungeheure Schwierigkeit.
    Wir sahen, Durchlässigkeit hängt von der Einwirkg der Q ab,
    die ψN sind bereits undurchlässig. Bei noch kleinerer
    Q müßten die ωN noch undurchlässiger sein Allein diesen
    Character können wir den Bewußtseinsträgern nicht lassen.
    Zum Wechsel des Inhalts, zur Flüchtigkeit des Bewußtseins,
    zur leichten Verknüpfg gleichzeitig wahrgenom̄ener Qualitäten
    stim̄t nur volle Durchlässigkeit der ωN mit vollständiger
    restitutio in integrum. Die ωN verhalten sich wie Wahrnehmgs-
    organe, auch wüßten wir mit einem Gedächtniß derselben
    nichts anzufangen. Also Durchlässigkeit, volle Bahnung,
    die nicht von Quantit herrührt; wovon sonst?

    Ich sehe nur einen Ausweg, die Grundannahme über den
    Q-ablauf zu revidiren. Ich habe denselben bisher nur als
    Übertragg von Q von einem N zum anderen betrachtet. Er
    muß aber noch einen Character haben, zeitlicher Natur
    den̄ auch den anderen Massenbeweggen der Außenwelt
    hat die Mechanik der Physiker diese zeitliche Characteristik
    gelassen. Ich heiße dieselbe kurz: die Periode. So will ich

  • S.

    23

    annehmen, daß aller Widerstand der Cschr nur für die Qüber-
    tragg gilt, daß aber die Periode der Nbewegg sich ungehem̄t
    überall hin fortpflanzt, gleichsam als Inductionsvorgang.

    Für physikalische Klärung ist hier sehr viel zu thun, denn die
    allgemeinen Beweggsgesetze müßen auch hier widerspruchsfrei
    zur Geltg kom̄en. Die Annahme geht aber weiter, daß
    die ωN unfähig sind, Q aufzunehmen, dafür sich die Periode
    der Erregg aneignen, u daß dieser ihr Zustand von Affektion
    durch die Periode bei geringster Qerfüllung das Fundament
    des Bewußtseins ist. Auch die ψN haben natürlich ihre
    Periode, allein, diese ist qualitätslos, besser gesagt:
    monoton. Abweichgen von dieser psychischen Eigenperiode
    kom̄en als Qualitäten zum Bewußtsein.

    Woher rühren die Verschiedenheiten der Periode? Alles
    weist auf die Sinnesorgane hin, deren Qualitäten eben
    durch verschiedene Perioden der Nbewegg dargestellt
    werden sollen. Die Sinnesorgane wirken nicht nur als
    Q-schirme wie alle Nervenendapparate, sondern auch
    als Siebe, indem sie nur von gewißen Vorgängen mit
    bestim̄ter Periode Reiz durchlassen. Wahrscheinlich übertragen
    sie dan̄ auf φ diese Verschiedenheit, indem sie der
    Nbewegg irgend analog verschiedene Perioden mittheilen
    (specifische Energie) u diese Modificationen sind es, die
    sich durch φ über ψ nach ω fortsetzen, u dort, wo sie f
    ast quantitätsfrei sind, bewußte Empfindungen von
    Qualitäten erzeugen. Haltbar ist diese Qualitätsfortpflanzg
    nicht, sie hinterläßt keine Spuren, ist nicht reproduzierbar.

  • S.

    24

    Das Bewußtsein

    Nur durch solche complizierte u wenig anschauliche Annahmen
    ist es mir bisher gelungen, die Phänomene des Bewußtseins
    in den Aufbau der quantit Psychologie einbeziehen.
    Eine Erklärg, wieso Erreggsvorgänge in den ωN – Bewußtsein
    mit sich bringen, ist natürlich nicht zu versuchen. Es
    handelt sich nur darum, die uns bekan̄ten Eigenschaften
    des Bewußtseins durch parallel veränderliche Vorgänge
    in den ωN zu decken. Das geht dan̄ im Einzelnen nicht
    übel.

    Ein Wort über das Verhältniß dieser Bewußtseins-
    theorie zu anderen. Nach einer vorgeschritten mechanistischen
    Theorie ist das Bewußtsein eine bloße Zuthat zu den
    physiologisch-psychischen Vorgängen, deren Wegfall am psych.
    Ablauf nichts ändern würde. Nach anderer Lehre ist Bewußtsein
    die subjektive Seite alles psychischen Geschehens, also untren̄bar
    vom physiologischen Seelenvorgang. Zwischen beiden steht
    die
    hier entwickelte Lehre. Bewußtsein ist hier die
    subjektive Seite eines Theiles der physischen Vorgänge
    im Nsy, nämlich der ω Vorgänge, und Wegfall des
    Bewußtseins läßt das psychische Geschehen nicht unge-
    ändert, sondern schließt den Wegfall des Beitrages
    aus ω in sich ein.

    Stellt man das Bewußtsein durch ωN dar, so hat dieß
    mehrere Folgerungen. Diese N müßen eine Abfuhr

     

  • S.

    25

    haben, so klein sie sein mag, u es muß einen Weg geben,
    die ωN mit Q im geringen erforderlichen Betrag zu
    erfüllen. Die Abfuhr geht wie jede nach der Seite der
    Motilität, wobei zu bemerken ist, daß beim motorischen
    Umsatz offenbar jeder Qualitätscharacter, jede Besonder-
    heit der Periode verlorengeht. Die Qerfüllung
    der ωN kan̄ wohl nur von ψ aus geschehen, da wir
    diesem dritten System keine direkte Verknüpfung mit
    φ zugestehen möchten. Was der
    biologische Wert der ω
    N war, läßt sich nicht angeben.

    Wir haben aber bisher den Inhalt des Bewußtseins
    unvollständig beschrieben; er zeigt außer den Reihen der
    sinnlichen Qualitäten eine andere, davon sehr verschiedene
    Reihe, die der Lust- u Unlust-empfindungen, die jetzt
    der Deutung bedarf. Da uns eine Tendenz des psychischen
    Lebens Unlust zu vermeiden sicher bekan̄t ist, sind
    wir versucht diese mit der primären Trägheitstendenz zu
    identificiren. Dann wäre Unlust zu decken mit Erhöhg des
    Qniveaus oder quantit Drucksteigerg, wäre die ω Empfindung
    bei Qsteigerung in ψ. Lust wäre die Abfuhrempfindung.
    Da w von ψ aus erfüllt werden soll, ergäbe sich die
    Annahme, daß bei höherem ψ Niveau die Besetzg in
    w zu –, bei fallendem Niveau dagegen abnimmt.
    Lust u Unlust wären die Empfindgen der eigenen
    Besetzung des eigenen Niveaus in w, wobei ω u ψ gewisser-
    maßen com̄unicirende Gefäße darstellen. Auf solche
    Weise kämen auch die quantit Vorgänge in ψ zum
    Bewußtsein, wieder als Qualitäten.

  • S.

    26

    Mit der Lust- u Unlustempfindg schwindet die Eignung
    sinnliche
    Qualitäten wahrzunehmen, die sozusagen in
    der Indifferenzzone zwischen Lust u Unlust liegen.
    Es wäre dies zu übersetzen, daß die ωN bei einer gewißen
    Besetzg ein Optimum zeigen die Periode der Nbewegg
    aufzunehmen, bei stärkerer Besetzg Unlust ergeben
    bei schwächerer Lust, bis die Aufnahmsfähigkeit mit
    dem Mangel an Besetzg schwindet. Zu solchen Daten
    wäre die entsprechende Bewegungsform zu construieren.

    ––––––

    Zweiter Theil

    Das Functioniren des Apparates.

    Man kann sich nun folgende Vorstellg von der Leistg
    des aus φψω bestehenden Apparates bilden.

    Von außen dringen die Erreggsgrößen auf die Enden
    des φsystems ein, stoßen zunächst auf die Nervendapparate
    u werden durch diese auf Quotienten gebrochen,
    welche wahrscheinlich höherer Ordng als Intercellularreize
    sind (vielleicht doch derselben Ordng?). Es giebt hier
    eine erste Schwelle; unterhalb einer gewißen Quantität
    kom̄t ein wirksamer Quotient überhpt nicht zu Stande.

    so daß die Wirkgsfähigkeit der Reize gewißermaßen
    auf die mittleren Quantität beschränkt ist. Nebstbei
    wirkt die Natur der Nervenddecken als Sieb,
    so daß an den
    einzelnen Endstellen nicht Reize
    jeder Art wirken können. Die auf φN wirklich
    anlangenden Reize haben eine Quantität und
    einen qualitativen Character, sie bilden

  • S.

    27

    in der Außenwelt eine Reihe gleicher Qualität u wachsender
    Quantität von der Schwelle an bis zur Schmerzgrenze.

    Während in der Außenwelt die Vorgänge ein Continuum
    nach 2 Richtgen darstellen, der Quantität wie der Periode
    (Qualität) nach, sind die ihnen entsprechenden Reize
    der Quantität nach erstens reduzirt, zweitens durch einen
    Ausschnitt begrenzt, der Qualität nach discontinuirlich
    so daß gewiße Perioden gar nicht als Reize wirken.

    Außenwelt

    Reize

    Der Qualitätscharacter der Reize setzt sich nun ungehindert
    durch φ über ψ nach ω fort, wo er Empfindg erzeugt
    er ist dargestellt durch eine besondere Periode der N-
    bewegg, die gewiß nicht die gleiche ist wie die des Reizes,
    aber eine gewisse Relation zu ihr hat nach einer uns
    unbekan̄ten Reduktionsformel. Diese Periode erhält
    sich nicht lange, schwindet gegen die motorische Seite hin;
    da sie durchgelassen wird, hinterläßt sie auch kein Gedächtniß.

    Die Quantität des φ Reizes erregt die Abfuhrtendenz
    des Nervensystems, indem sie sich in proportionale
    motorische Erregg umsetzt. Der Motilitätsapparat ist
    direkte an φ gehängt, die so übersetzten Quantitäten
    schaffen eine ihnen quantitat weit überlegene Wirkg
    indem sie
    in die Muskeln, Drüsen udgl eingehen, also
    dort durch Entbindg wirken, während zwischen den N
    nur Übertragung stattfindet.

  • S.

    28

    In den φN endigen ferner die ψN, auf welche ein
    Theil der Q übertragen wird, aber nur ein Theil
    etwa ein Quotient, welcher einer intercellularen
    Reizgroße entspricht. Es fragt sich hier, ob die auf
    ψ übertragene Q nicht proportional der in φ strömenden
    Q wächst, so daß ein größerer Reiz eine stärkere
    psych Wirkg ausübt. Hier scheint eine besondere
    Einrichtg vorzuliegen, welche neuerdings Q von ψ
    abhält. Die sensible ψ Leitg ist nämlich in eigen-
    thümlicher Weise gebaut, sie verzweigt sich fort-
    während u zeigt dickere u dün̄ere Bahnen, welche
    in zahlreichen Endstellen ausgehen, wahrscheinlich von
    folgender Bedeutung: Ein stärkerer Reiz geht andere

    I / II / II

    α / β / γ

    Wege als ein schwächerer. Q z.B. wird
    nur den Weg I gehen u bei der Endstelle
    α einen Quotienten auf ψ übertragen. 2(Q)
    wird nicht in 
    α den doppelten Quot übertragen,
    sondern auch den Weg II gehen können, der enger
    ist u eine zweite Endstelle nach ψ eröffnen, 3(Q)
    wird die engste Bahn [III] eröffnen u auch durch γ
    übertragen. So wird die einzelne φ Bahn entlastet,
    die größere Quantit in φ sich dadurch ausdrücken,
    daß sie in ψ mehrere N anstatt eines einzigen
    besetzt. Die einzelnen Besetzgen der ψN können
    dabei ungefähr gleich sein. Wenn Q in φ eine Besetzg
    in ψ ergiebt, so drückt sich 3(Q) aus durch
    Besetzg in ψ1 + ψ2 + ψ3. Quantität in φ drückt
    sich also aus durch Complication in ψ. Hiedurch
    ist die Q von ψ abgehalten, bis zu gewißen

  • S.

    29

    Grenzen wenigstens. Es erin̄ert dieß sehr an die Ver-
    hältnisse des Fechner'schen Gesetzes, welches sich so
    lokalisieren ließe.

    Auf solche Weise wird ψ von φ aus besetzt in Q, die
    normaler Wei klein sind. Die Quantität der φ Erregung
    drückt sich in ψ aus durch Complication, die Qualität
    durch Topik, indem den anatomischen Verhältnißen nach
    die einzelnen Sinnesorgane durch φ nur mit bestim̄ten
    ψN in Verkehr stehen. ψ erhält aber noch Besetzg
    vom Körperin̄ern aus u es geht wol an, sich die ψN
    in zwei Gruppen zu zerlegen, die Mantelneurone
    die von φ aus u die Kernneurone, die von den
    endogenen Leitgen aus besetzt werden.

    Die ψ Leitungen.

    Der Kern von ψ steht in Verbindg mit jenen Bahnen,
    auf welchen endogene Erreggsq aufsteigen. Ohne daß
    wir Verbindungen dieser Bahnen mit φ ausschließen
    müssen wir doch die urspr Annahme festhalten, daß
    ein direkter Weg vom Körperin̄ern zu ψN führt.
    Dan̄ ist aber ψ auf dieser Seite den Q schutzlos ausgesetzt
    u hierin liegt die Triebfeder des psych Mechanismus.

    Was wir von den endogenen Reizen wissen, läßt sich
    in der Annahme ausdrücken, daß sie intercellulärer
    Natur sind, continuirlich entstehen u nur periodisch
    zu psych. Reizen werden. Die Idee einer Anhäufg ist
    unabweislich u die Intermittenz der psych. Wirkg läßt
    nur die Auffassg zu, daß sie auf ihrem Leitgsweg
    nach ψ auf Widerstände stoßen, die erst bei Anwachsen
    der Quantit überwunden werden. Es sind also Leitgen

     

     

  • S.

    30

    mehrfacher Gliederung, mit Einschaltung mehrerer Contact-
    schranken bis zum ψ Kern. Von einer gewissen Q an
    wirken sie aber beständig als Reiz u jede Steigerg
    der Reize Q wird als Steigerg des ψ Reizes wahrge-
    nom̄en. Es giebt also dan̄ einen Zustand, in dem die
    Leitung durchlässig geworden ist. Die Erfahrg lehrt
    weiter, daß nach Abfuhr des ψ Reizes die Leitg
    ihren Widerstand wiederaufnim̄t.

    Man heißt einen solchen Vorgang: Sum̄ation.
    Die ψ Leitgen erfüllen sich durch Sum̄ation, bis sie
    durchlässig werden. Offenbar ist es die Kleinheit des einzelnen
    Reizes, welche die Sum̄ation gestattet. Sum̄ation ist
    auch für die φ Leitgen, zB. für die Schmerzleitg nachge-
    wiesen, sie gilt dort nur für kleine Quantit. Die
    geringere Rolle der Sum̄ation auf der φ Seite spricht
    dafür, daß es sich dort in der That um größere
    Q handelt. Sehr kleine scheinen durch die Schwellen-
    wirkg der Nervenendapparate abgehalten, während
    auf der ψ Seite solche fehlen u nur kleine Qἠ wirken.

    Es ist sehr bemerkenswerth, daß die ψ Leitgsneurone
    sich zwischen den Characteren der Durchlässigkeit u der
    Undurchlässigkeit erhalten können, indem sie trotz des
    Durchganges von Qἠ ihren Widerstand im vollen Umfang
    beinahe wiederaufnehmen. Es widerspricht dieß
    ganz der angenom̄enen Eigenschaft der ψN durch
    strömende Qἠ dauernd gebahnt zu werden. Wie
    läßt sich dieser Widerspruch aufklären?

     

  • S.

    31

    Durch die Annahme, daß die Wiederherstellg des Widerstandes
    bei Aufhören der Strömg allgemeine Eigenschaft der
    Cschr ist. Diese läßt sich dan̄ unschwer mit der Beeinflussg
    der ψN zur Bahng vereinen. Man braucht nur anzunehmen,
    daß die Bahng, die nach dem Qablauf übrigbleibt
    nicht in der Aufhebg eines jeden Widerstandes besteht,
    sondern in der Herabsetzg desselben bis auf ein nothwendig
    bleibendes Minimum. Während des Qablaufes ist der
    Widerstand aufgehoben, nachher stellt er sich wieder her,
    allein je nach der durchgelaufenen Q bis zu verschiedener
    Höhe, so daß nächstes Mal bereits eine kleinere Q passiren
    kann u dgl. Bei völligster Bahng bleibt dan̄ ein gewisser
    für alle Cschr gleicher Widerstand, der also auch Anwachsen
    von Q bis zu einer gewissen Schwelle fordert, damit
    diese passire. Dieser Widerstand wäre eine Constante. Somit
    bedeutet die Thatsache der Einwirkg der endogenen Qἠ
    durch Sum̄ation weiter nichts, als daß diese Qἠ sich aus sehr
    kleinen, unter der Constante befindlichen Größen von Erregg
    zusaensetzt, die endogene Leitg ist darum doch vollkom̄en
    gebahnt.

    Daraus folgt aber, daß die ψ Cschr im Allgemeinen höher reichen
    als die Leitgsschranken, so daß in den KernN eine
    neue Aufspeicherg von Qἠ erfolgen kann; dieser ist von
    der Ausgleichg der Leitg an weiter keine Grenze gesetzt.
    ψ ist hier der Q preisgegeben u damit entsteht im
    Im̄ern des Systems der Antrieb, welcher alle psychische
    Thätigkeit unterhält. Wir kennen diese Macht als den
    Willen., den Abköm̄ling der Triebe.

     

  • S.

    [32]

    Das Befriedigungserlebniss

    Die Erfüllg der KernN in ψ wird ein Abfuhrbestreben, einen
    Drang zur Folge haben, der sich nach motorischem Weg hin
    entlädt. Der Erfahrg nach ist es die Bahn zur in̄eren Veränderg
    (Ausdruck der Gemütsbewegg, Schreien, Gefäßinnervation), die
    dabei zuerst beschritten wird. Alle solche Abfuhr wird aber
    wie Eingangs dargelegt, keinen entlastenden Erfolg haben,
    da die Aufnahme endogenen Reizes doch fortdauert
    u die ψ Span̄g wiederherstellt. Reizaufhebg ist hier nur
    möglich durch einen Eingriff, welcher im Körperin̄ern
    die Qἠentbindg für eine Weile beseitigt, u dieser Eingriff
    erfordert eine Veränderg in der Außenwelt (Nahrgs-
    zufuhr, Nähe des Sexualobjektes), welche als specif. Aktion
    nur auf bestim̄ten Wegen erfolgen kann. Der menschliche
    Organismus ist zunächst unfähig, die spec. Aktion herbei-
    zu führen. Sie erfolgt durch fremde Hilfe, indem
    durch die Abfuhr auf dem Wege der in̄eren Veränderg
    ein erfahrenes Individuum auf den Zustand des
    Kindes aufmerksam gemacht. Diese Abfuhrbahn gewinnt
    so die höchst wichtige Sekundärfunktion der Verständigg
    und die anfängliche Hilflosigkeit des Menschen
    ist die Urquelle aller moralischen Motive.

  • S.

    33

    Wen̄ das hilfreiche Individ. die Arbeit der specif. Aktion
    in der Außenwelt für das hilflose geleistet hat, so ist
    dieses durch reflectorische Einrichtgen im Stande, die zur
    endogenen Reizaufhebg nötige Leistg in seinem Körper-
    in̄ern ohne Weiteres zu vollziehen. Das Ganze stellt dan̄
    ein Befriediggserlebniß dar, welches die eingreifendsten
    Folgen für die Funktionsentwicklg des Individ. hat.
    Es geschieht nämlich 3erlei im ψ System. 1). Es wird dauernde
    Abfuhr geleistet u damit dem Drang, der in ω Unlust erzeugt
    hatte, ein Ende gemacht 2). es entsteht im Mantel die
    Besetzung eines N (oder mehrerer), die der Wahrnehmg
    eines Objektes entsprechen 3) es kom̄en in andere Stellen
    des Mantels die Abfuhrnachrichten von der ausgelößt.
    Reflexbewegg, die sich an die specif. Aktion anschließt.
    Zwischen diesen Besetzgen u den KernN bildet sich dann
    eine Bahnung.

    Die Reflexabfuhrnachrichten kom̄en dadurch zu Stande, daß jede
    Bewegung durch ihre Nebenfolgen Anlaß zu neuen sensiblen
    Erreggen (von Haut u Muskeln) wird, die in ψ ein „Bewegung-
    bild" ergeben. Die Bahnung bildet sich aber auf eine
    Weise, welche tieferen Einblick in die Entwicklg von ψ
    gestattet. Bisher haben wir Beeinflußg von ψN durch φ
    u durch endogene Leitgen kennengelernt; die einzelnen
    ψN aber waren durch Cschr mit starken Widerständen
    gegen einander abgesperrt. Nun gibt es ein Grundgesetz
    der Association durch Gleichzeitigkeit, welches sich bei der
    reinen ψ Thätigkeit, beim reproduzirenden Erin̄ern
    bethätigt u das die Grundlage aller Verbindgen zwischen
    den ψN ist. Wir erfahren, daß das Bewußtsein, also die

     

  • S.

    34

    quantit Besetzg von einem ψNα auf ein zweites β übergeht
    wen̄ α u β einmal gleichzeitig von φ aus (oder sonst woher)
    besetzt waren. Es ist also durch gleichzeitige Besetzg α-β ,eine
    Cschr gebahnt worden. Hieraus folgt in den Ausdrücken
    unserer Theorie, daß eine Qἠ aus einem N leichter
    übergeht in ein besetztes als in ein unbesetztes.
    Die Besetzg des zweiten N wirkt also wie die stärkere
    Besetzg des ersten. Besetzg zeigt sich hier wiederum als
    gleichwertig mit Bahnung für den Qἠablauf.

    Wir lernen also hier einen zweiten wichtigen Faktor für
    die Richtg des Qἠablaufes ken̄en. Eine Qἠ im Neuron
    α wird nicht nur nach der Richtg der am besten gebahnten
    Schranke gehen, sondern auch nach der von der Gegenseite
    besetzten. Die beiden Faktoren können einander unterstützen
    oder eventuell einander entgegenwirken.

    Es entsteht also durch das Befriediggserlebniß eine Bahng
    zwischen 2 Erin̄ergsbildern u den KernN, die im Zustand
    des Dranges besetzt werden. Mit der Befriediggsabfuhr
    strömt wohl auch die Qἠ aus den Erbildern ab. Mit Wieder-
    auftreten des Drang- oder Wunschzustandes geht nun
    die Besetzg auch auf die beiden Er über u belebt sie.
    Zunächst wird wol das Objekterin̄ergsbild von der Wunsch-
    belebung betroffen.

    Ich zweifle nicht, daß diese Wunschbelebg zunächst dasselbe
    ergibt wie die Wahrnehmung, nämlich eine Hallucination.
    Wird daraufhin die reflectorische Aktion eingeleitet,
    so bleibt die Enttäuschung nicht aus.

     

     

  • S.

    35

    Das Schmerzerlebniß.

    ψ ist der Q normaler Weise ausgesetzt von den endogenen Leitgen
    aus, in abnormer, wenngleich noch nicht patholog.r Weise für den
    Fall, daß übergroße Q die Schirmvorrichtgen in φ durchbrechen,
    also im Falle des Schmerzes. Der Schmerz erzeugt in ψ
    1) große Niveausteigerung, die von ω als Unlust empfunden wird,
    2). eine Abfuhrneigg, die nach gewissen Richtgen modificirt sein
    kan̄, 3) eine Bahnung zwischen dieser u einem Erin̄ergsbild
    des schmerzerregenden Objektes. Es ist überdieß keine Frage,
    daß der Schmerz eine besondere Qualität hat, die sich
    neben der Unlust geltend macht.

    Wird das Erbild des Objektes (feindlichen) irgendwie neu besetzt,
    z B. durch neue W, so regr stellt sich ein Zustand her, welcher
    nicht Schmerz ist, aber doch Ähnlichkeit mit ihm hat. Er enthält
    Unlust und die Abfuhrneigg, die dem Schmerzerlebniß ent-
    spricht. Da Unlust Niveausteigerung bedeutet, fragt es sich
    nach der Herkunft dieser Qἠ. Im eigentlichen Schmerz-
    erlebniß war es die hereinbrechende äußere Q,
    welche das ψ Niveau steigerte. In dessen Reproduktion
    – dem Affekt – ist nur die Q hinzugekom̄en, die Er besetzt
    u es ist klar, daß diese von der Natur einer jeden Wahr-
    nehmg, nicht eine allgemeine Qἠsteigerung zur Folge
    haben kann.

    Es bleibt also nur übrig, anzunehmen, daß durch die
    Besetzg von Er Unlust aus dem Körperin̄eren entbunden
    neu hinauf befördert wird. Den Mechanismus dieser
    Entbindg kan̄ man sich nur in folgender Weise
    vorstellen: Wie es motorische N gibt, die bei einer
    gewißen Erfüllg Qἠ in die Muskeln leiten und

     

  • S.

    36

    somit abführen, muß es „sekretorische" N geben, die, wen̄ sie
    erregt sind, im Körperin̄ern entstehen lassen, was auf
    die endogenen Leitgen nach ψ als Reiz wirkt, die also
    die Produktion endogener Qἠ beeinflußen, somit nicht
    Qἠ abführen, sondern auf Umwegen zuführen. Diese motorischen
    N wollen wir „Schlüsselneurone" heißen. Sie werden
    offenbar erst bei gewißem Niveau in ψ erregt. Durch
    das Schmerzerlebniß hat das Er des feindlichen
    Objektes eine vortreffliche Bahng zu diesen Schlüßel-
    neuronen erhalten, kraft deren sich nun im Affekt
    Unlust entbindet.

    Anlehng für diese befremdende aber unentbehrliche
    Annahme gibt das Verhalten der Sexualentbindung.
    Gleichzeitig drängt sich die Vermutung auf, die
    endogenen Reize bestünden hier wie dort in chemischen
    Produkten, deren Anzal eine erhebliche sein mag.
    Da die Unlustentbindg bei ganz geringfügiger Besetzg
    des feindlichen Er eine außerordentliche sein kann, darf
    man schließen, daß der Schmerz ganz besonders
    ausgiebige Bahnungen hinterläßt. Die Bahng, ahnt man
    dabei, hängt durchwegs von der erreichten Qἠ ab, so
    daß die bahnende Wirkg. von 3 (Qἠ) 3 Qἠ der von
    3 × Qἠ weit überlegen sein könnte.

  • S.

    37

    Affekte und Wunschzustände.

    Die Reste der beiden behandelten Arten von Erlebnißen
    sind die Affekte u die Wunschzustände, denen beiden
    gemeinsam ist, daß sie eine Erhöhg der Qἠspannung in ψ
    enthalten, im Affekt durch plötzliche Entbindung, im Wunsch
    durch Sum̄ation hergestellt. Beide Zustände sind von der
    größten Bedeutung für den Ablauf in ψ, da sie
    zwangsartige Motive für denselben hinterlassen. Aus
    dem Wunschzustand folgt geradezu eine Attraction nach dem
    Wunschobjekt resp dessen Erbild, aus dem Schmerzerlebniß
    resultirt eine Abstoßung, eine Abneigg, das feindliche
    Er besetzt zu halten. Es sind dieß die primäre Wunschan-
    ziehg u die primäre Abwehr.

    Die Wunschanziehg kan̄ man sich leicht durch die Annahme
    erklären, daß die Besetzg des freundlichen Er im Begierde-
    zustand an Qἠ die bei blosser Wahrnehmg erfolgte weit
    übersteigt, so daß eine besonders gute Bahnu vom
    ψ Kern zu dem entsprechenden N des Mantels führt.

    Schwieriger zu erklären ist die primäre Abwehr oder
    Verdrängg, die Thatsache, daß ein feindliches Er stets so bald
    als möglich von der Besetzg verlassen wird. Indeß dürfte
    die Erklärg darin liegen, daß die primären Schmerzer-
    lebniße durch reflectorische Abwehr zu Ende gebracht wurden.
    Das Auftauchen eines anderen Objektes an Stelle des feindlichen
    war das Signal dafür, daß das Schmerzerlebniß beendet
    sei, und das ψ System versucht, biologisch belehrt, den Zustand
    in ψ zu reproduziren, der das Aufhören des Schmerzes bezeichnete.

  • S.

    38

    Mit dem Ausdrucke biologisch belehrt haben wir einen
    neuen Erklärungsgrund eingeführt, der selbständige Geltg
    haben soll, wenngleich er eine Zurückführg auf mechanische
    Prinzipien (quantit Momente) nicht ausschließt sondern
    erfordert. Im vorliegenden Falle kan̄ es leicht die bei
    Besetzg von feindl Er jedesmal auftretende Qἠsteigerg
    sein, die zur gesteigerten Abfuhrthätigkeit, somit zum
    Abfluß auch von Er drängt.

    Einführung des „Ich".

    Thatsächlich aber haben wir mit Annahme der „Wunschan-
    ziehg" und der Neigg zur Verdrängg bereits einen
    Zustand von ψ berührt, welcher noch nicht erörtert worden
    ist; den̄ diese beiden Vorgänge deuten darauf hin, daß s
    ich in ψ eine Organisation gebildet hat, deren Vorhanden-
    sein Abläufe stört, die sich zum ersten Mal in bestim̄ter
    Weise vollzogen haben. Diese Organisation heißt das
    „Ich" u kan̄ leicht dargestellt werden durch die Erwägg,
    daß die regelmäßig wiederholte Aufnahme endogener
    Q in bestim̄te N (des Kernes) u die bahnende Wirkg
    die von dort ausgeht, eine Gruppe von N ergeben
    wird, die constant besetzt ist, also dem durch die sek
    Funktion erforderten Vorratsträger entspricht.
    Das Ich ist also zu definiren als die Gesamtheit der
    jeweiligen ψ Besetzgen, in denen sich ein bleibender
    von einem wechselnden Bestandteil sondert.

  • S.

    39

    Wie man leicht einsieht, gehören die Bahngen zwischen ψN
    als Möglichkeiten
    in nächsten Momenten, dem veränderten
    Ich seine Ausbreitg anzuweisen, mit zum Besitze des Ich.

    Während es das Bestreben dieses Ich sein muß, seine
    Besetzgen auf dem Wege der Befriedigg abzugeben,
    kan̄ es nicht anders geschehen, als daß es die Wiederholg
    von Schmerzerlebnissen u Affekten beeinflußt, u zwar
    auf folgendem Wege, der allgemein als der der Hem̄ung
    bezeichnet wird:

    Eine Q die von irgendwoher in ein N einbricht, wird sich
    nach der Cschr der größten Bahng fortsetzen u eine
    dorthin gerichtete Strömg hervorrufen. Genauer gesprochen,
    es wird sich der Strom Q im umgekehrten Verhältnis zum
    Widerstand nach den einzelnen Cschr verteilen, u wo
    dan̄ eine Cschr von einem Quotient getroffen wird, der
    unter ihrem Widerstand liegt, da wird praktisch nichts
    durchpassiren. Leicht kan̄ für jede Q im N sich dieß Ver-
    hältniß anders gestalten, da dan̄ Quotient entstehen, die
    auch bei anderen Cschr die Schwelle überragen. So ist
    der Ablauf abhängig von Q und dem Verhältniß der
    Bahnungen. Wir haben aber den dritten mächtigen Faktor
    ken̄en gelernt. Wen̄ ein anstoßendes N gleichzeitig
    besetzt ist, so wirkt dieß wie eine zeitweilige Bahng der
    zwischen beiden liegenden Cschr u modificirt den Ablauf,
    der sich sonst nach der einen gebahnten Cschr gerichtet hätte.
    Eine Seitenbesetzg ist also eine Hem̄g für den Qablauf.

     

  • S.

    40

    Stellen wir uns das Ich als ein Netz besetzter, gegen einander
    gut gebahnter N vor, etwa so: So wird eine Q, die von

    γ

    α / β / γ / δ

    a / b

    außen (φ) her in a eindringt u unbeein-
    flußt nach dem Neuron b gegangen wäre,
    durch die Seitenbesetzg in a
    α so beeinflußt,
    daß sie nur einen Quotient nach b abgibt,
    eventuell gar nicht nach b gelangt.
    Wenn also ein Ich existirt, muß es psych Primärvorgänge
    hem̄en.

    Solche Hem̄g ist aber ein entschiedener Vorteil für
    ψ. Nehmen wir an, a sei ein feindl Er b eine SchlüßelN
    zur Unlust, so würde primär bei Erweckg von a Unlust
    entbunden wären, die vielleicht zwecklos wäre, es jedenfalls
    ihrem vollen Betragx nach ist. Bei Hem̄ungswirkg von

    α wird die Unlustentbindg sehr gering ausfallen, dem
    Nsy Entwicklg u Abfuhr von Q ohne sonstigen Schaden
    erspart. Man kann sich nun leicht vorstellen, daß mit
    Hilfe eines Mechanismus, welcher das Ich auf die ankom̄ende
    Neubesetzg des feindlichen Er aufmerksam macht, das Ich dazu
    gelangen kann, durch ausgiebige nach Bedarf zu verstärkende
    Seitenbesetzg den Ablauf von Er zur Unlustentbindg zu
    hem̄en. Ja, wen̄ man annim̄t, daß die anfängliche Unlust-
    (
    Q)entbindg vom Ich selbst aufgenom̄en wird, so hat
    man in ihr selbst die Quelle für den Aufwand, welchen
    die hem̄ende Seitenbesetzg vom Ich erfordert.
    Die primäre Abwehr ist dan̄ um so stärker, je stärker die Unlust.

  • S.

    41

    Primär- und Sekundärvorgang in ψ.

    Aus den bisherigen Entwicklgen folgt, daß das Ich in ψ,
    welches wir seinen Tendenzen nach wie das Gesamtnervsystem
    behandeln können, bei den unbeeinflußten Vorgängen
    in ψ 2mal in Hilflosigkeit u Schaden geräth. Nämlich erstens,
    wenn es im Wunschzustande die Objekt-Er neu besetzt
    u dann Abfuhr ergehen läßt, wo dan̄ die Befriedigg
    ausbleiben muß, weil das Objekt nicht real sondern
    nur in Phantasievorstellg vorhanden ist. ψ ist zunächst
    außer Stande, diese Unterscheidg zu treffen, weil es
    nur nach der Folge analoger Zustände zwischen seinen
    N arbeiten kann. Es bedarf also von anderswoher eines
    Kriteriums, um Wahrnehmg und Vorstellg zu unterscheiden.

    Andererseits bedarf eines ψ eines Zeichens, um auf
    die Wiederbesetzg des feindlichen Er aufmerksam zu
    werden u der daraus folgenden Unlustentbindg durch
    Seitenbesetzg vorzubeugen. Wen̄ ψ diese Hem̄g zeitig
    genug vornehmen kann, fällt die Unlustentbindg u
    damit die Abwehr geringfügig aus, im anderen
    Falle gibt es enorme Unlust und excessive primäre
    Abwehr.

    Die Wunschbesetzg wie die Unlustentbindg bei Neubesetzg der
    betreffenden Er können biologisch schädlich sein. Die Wunsch-
    besetzg ist es jedesmal, wen̄ sie ein gewisses Maß überschreitet
    u so zur Abfuhr verlockt, die Unlustentbindg ist es

  • S.

    42

    wenigstens jedesmal wen̄ die Besetzg des feindlichen Er
    nicht von der Außenwelt, sondern von 
    φ selbst aus
    erfolgt (durch Association). Es handelt sich also auch hier
    um ein Zeichen, W (Wahrnehmg) von Er (Vorstellung) zu
    unterscheiden.

    Wahrscheinlich sind es nun die ωN, welche dieses Zeichen,
    das Realitätszeichen, liefern. Bei jeder äußeren W
    entsteht eine
    Qualitätserregg in ω, die aber zunächst
    für ψ ohne Bedeutg ist. Es muß noch hinzugefügt werden,
    daß die ω Erregg zur ω Abfuhr führt u von dieser
    wie von jeder Abfuhr eine Nachricht nach ψ gelangt.
    Die Abfuhrnachricht von ω ist dan̄ das Qualitäts- oder
    Realitätszeichen für ψ.

    Wird das Wunschobjekt ausgiebig besetzt, so daß es
    hallucinatorisch belebt wird, so erfolgt auch dasselbe
    Abfuhr- oder Realitätszeichen wie bei äußerer W. Für
    diesen Fall versagt das Kriterium. Findet aber die
    Wunschbesetzg unter Hem̄ung statt, wie es bei besetztem
    Ich möglich wird, so ist ein quantit Fall denkbar, daß
    die Wunschbesetzg, als nicht intensiv genug, kein Qualitätsz
    ergibt, während die äußere W es ergeben würde.
    Für diesen Fall behält das Kriterium also seinen
    Wert. Der Unterschied ist nämlich, daß das Qualz.
    von außen her bei jeder Intensität der Besetzg erfolgt,
    von ψ her nur bei großen Intensitäten. Es ist demnach

  • S.

    43

    die Ichhem̄g, welche ein Kriterium zur Unterscheidg zwischen
    W und Er ermöglicht.
    Biologische Erfahrg wird dan̄lehren,
    die Abfuhr nicht eher einzuleiten, als bis das Realz
    eingetroffen ist, u zu diesem Zwecke die Besetzg von den
    erwünschten Er nicht über ein gewisses Maß zu treiben.

    Andererseits kan̄ die Erregg der ωN auch dazu dienen,
    das ψ System im zweiten Falle zu schützen, dh indem ψ auf
    die Thatsache einer W oder das Wegbleiben derselben
    aufmerksam gemacht wird. Man muß zu diesem Zwecke
    annehmen, daß die ωN ursprünglich in anatom Verbindg
    mit der Leitg von den einzelnen Sinnesorganen stehen u
    ihre Abfuhr wieder auf motor Apparate richten, die denselben
    Sinnesorganen angehören. Dan̄ wird die letztere Abfuhrnachricht,
    (die der reflectorischen Aufmerksamkeit) für ψ biologisch
    ein Signal werden, nach denselben Richtgen Besetzgsquantität
    zu schicken.

    Also: bei Hem̄g durch besetztes Ich werden die ω Abfuhrzeichen
    ganz allgemein zu Realitätszeichen, welche ψ biologisch
    verwerten lernt. Befindet sich das Ich bei Auftauchen eines
    solchen Realz im Zustande der Wunschspan̄g, so wird es
    die Abfuhr nach der specif Aktion folgen lassen; fällt mit
    dem Realz eine Unluststeigerg zusam̄en, so wird ψ durch
    geeignet große Seitenbesetzg am angezeigten Orte eine
    Abwehr von normaler Größe veranstalten; ist keines
    von beiden der Fall, so wird die Besetzg ungehindert
    nach den Bahngsverhältnissen vor sich gehen dürfen.

  • S.

    44

    Die Wunschbesetzg bis zur Hallucination, die volle Unlust-
    entwicklg, die vollen Abwehraufwand mit sich bringt,
    bezeichnen wir als psychische Primärvorgänge; hingegen
    jene Vorgänge, welche allein durch gute Besetzg des Ich
    ermöglicht werden u Mäßigg der obigen darstellen, als
    psychische Sekundärvorgänge. Die Bedingg der letzteren
    ist wie man sieht, eine richtige Verwerthung der Realz
    die nur bei Ichhem̄g möglich ist.

    Das Erken̄en u reproduzirende Denken.

    Nachdem wir die Annahme eingeführt haben, daß beim
    Wunschvorgang die Ichhem̄g eine gemäßigte Besetzg
    des gewünschten Objektes herbeiführt, welche gestattet es als
    nicht real zu erkennen, dürfen wir die Analyse dieses
    Vorganges fortsetzen. Es können sich mehrere Fälle
    ereignen. Erstens: gleichzeitig mit der Wunschbesetzg des Er
    ist die W desselben vorhanden; dan̄ fallen die beiden
    Besetzgen übereinander, was biologisch nicht verwertbar
    ist, es entsteht aber außerdem das Realz von ω aus,
    nach welchem erfahrungsgemäß die Abfuhr erfolgreich
    ist. Dieser Fall ist leicht erledigt. Zweitens: die
    Wunschbesetzg ist vorhanden, daneben eine W, die nicht
    ganz sondern nur theilweise mit ihr übereinstim̄t.
    Es ist nämlich Zeit sich zu erin̄ern, daß die Wbesetzgen
    nie Besetzgen einzelner N sind, sondern stets von Complexen.

  • S.

    45

    Wir haben diesen Zug bisher vernachlässigt; es ist jetzt an der
    Zeit ihm Rechnung zu tragen. Die Wunschbesetzg betreffe
    ganz allgemein Na + Nb, die Wbesetzg Na + Nc. Da dieß
    der häufigere Fall sein wird, häufiger als der der Identität,
    erfordert er genauere Erwägg. Die biologische Erfahrg wird
    auch hier lehren, daß es unsicher ist Abfuhr einzuleiten,
    wenn die Realz nicht den ganzen Complex sondern nur
    einen Theil davon bestätigen: Es wird aber jetzt ein Weg
    gefunden, die Ähnlichkeit zur Identität zu vervollkom̄nen.
    Der W-Complex wird sich durch den Vergleich mit anderen
    W-Complexen zerlegen in einen Bestandtheil Na eben
    der sich meist gleichbleibt u in einen zweiten, Nb, der
    zumeist variirt. Die Sprache wird später für diese Zerlegg
    den Terminus Urtheil aufstellen und die Ähnlichkeit
    herausfinden, die zwischen Kern des Ich u dem constanten
    Wbestandtheil, den wechselnden Besetzgen im Mantel
    u dem inconstanten Bestandtheil tatsächlich vorliegt,
    wird Na das Ding und Nb dessen Thätigkeit oder Eigenschaft
    kurz dessen Praedikat benen̄en.

    Das Urtheilen ist also ein ψ Vorgang, welchen erst die Ichhem̄g
    ermöglicht, u der durch die Unähnlichkeit zwischen der
    Wunschbesetzg
    eines Er und einer ihr ähnlichen Wbesetzg hervorgerufen wird.
    Man kan̄ davon ausgehen, daß das Zusam̄enfallen beider Besetzgen
    zum biologischen Signal wird, den Denkakt zu beenden u die
    Abfuhr eintreten zu lassen. Das Auseinanderfallen gibt den
    Anstoß zur Denkarbeit, die wieder mit dem Zusam̄enfallen 

  • S.

    46

    beendet wird.

    Man kan̄ den Vorgang weiter analysieren: Wenn Na zusam̄enfällt,
    Nc aber anstatt Nb wahrgenom̄en wird, so folgt dieIcharbeit
    den Verbindungen dieses Nc u läßt durch Besetzg Strömg von
    Q längs dieser Verbindgen neue Besetzgen auftauchen
    bis sich ein Zugang zu dem fehlenden Nb findet. In der Regel
    ergibt sich ein Beweggsbild, welches zwischen Nc und Nb eingeschaltet
    ist, und mit der Neubelebg dieses Bildes durch eine
    wirklich ausgeführte Bewegg ist die W von Nb u damit die
    gesuchte Identität hergestellt. Z. B. das gewünschte Er sei
    das Bild der Mutterbrust u ihrer Warze in Vollansicht,
    die erste W sei eine Seitenansicht desselben Objektes ohne
    die Warze. In der Erin̄erg des Kindes befindet sich eine
    Erfahrg, beim Saugen zufällig gemacht, daß mit einer
    bestim̄ten Kopfbewegg das Vollbild sich in das Seitenbild
    verwandelt. Das nun gesehene Seitenbild führt auf die
    Kopfbewegg, ein Versuch zeigt, daß ihr Gegenstück
    ausgeführt werden muß, u die W der Vollansicht ist
    gewonnen.

    Hierin ist noch wenig vom Urtheil, allein es ist ein Beispiel
    von der Möglichkeit durch Reproduktion von Besetzgen
    auf eine Aktion zu kom̄en, welche bereits zum
    accidentellen Schenkel der specifisch. Aktion gehört.

    Es ist kein Zweifel, daß es Q aus dem besetzten Ich
    ist, welche diesen Wandergen längs der gebahnten N

  • S.

    47

    unterliegt, und daß diese Wanderg nicht von den Bahngen
    sondern von einem Ziel beherrscht wird. Welches ist dieses
    Ziel u wie wird es erreicht?

    Das Ziel ist, zu dem vermißten Nb zurückzukehren u die
    Identitätsempfindg auszulösen, dh den Moment, in dem nur
    Nb besetzt ist, die wandernde Besetzg in Nb einmündet. Es
    wird erreicht durch probeweises Verschieben der Q auf
    allen Wegen u es ist klar, daß hiezu bald ein größerer
    bald ein geringerer Aufwand von Seitenbesetzg nötig
    ist., je nachdem man sich der vorhandenen Bahngen bedienen
    kan̄ oder ihnen entgegenwirken muß. Der Kampf zwischen den
    festen Bahngen u den wechselnden Besetzgen characterisirt
    den Sekundärvorgang des reproduzirenden Denkens im
    Gegensatz zur primären Associationsfolge.

    Was leitet auf dieser Wanderg? Daß die Wunschvorstellg
    Er besetzt gehalten wird, während man von Nc die
    Associationen verfolgt. Wir wissen, daß durch solche
    Besetzg von Nb alle seine etwaigen Verbindgen selbst
    gebahnter u zugänglicher werden.

    Auf dieser Wanderg kann es geschehen, daß die Q auf eine
    Er stößt, die mit einem Schmerzerlebniß in Beziehg steht
    u somit Anlaß zur Unlustentbindg gibt. Da dies ein
    sicheres Anzeichen ist Nb sei auf diesem Wege nicht zu
    erreichen, er lenkt sich der Strom sofort von der betreffenden
    Besetzg ab. Die Unlustbahnen behalten aber ihren hohen
    Wert, um den Reproduktionsstrom zu dirigiren.

  • S.

    48

    Das Erin̄ern u das Urtheilen.

    Das reproduz Denken hat also einen praktischen Zweck u ein
    biologisch festgestelltes Ende, nämlich eine von der
    ¿überschüßigen
    W aus wandernde Q auf die vermißte Nbesetzg zurückzuführen.
    Dan̄ ist Identität u Abfuhrrecht erreicht, wen̄ noch das Realiz.
    von Nb auftritt. Es kann aber der Vorgang sich vom letzten
    Ziel unabhängig machen u nur die Identität anstreben.
    Dan̄ hat man einen reinen Denkakt vor sich, der aber
    in jedem Falle später praktisch verwertbar gemacht
    werden kann. Auch benim̄t sich das besetzte Ich dabei in
    völlig gleicher Weise.

    Wir folgen einer dritten Möglichkeit, die sich im Wunschzu-
    stande ereignen kann, daß nämlich bei vorhandener
    Wunschbesetzg eine auftauchende W gar nicht mit dem gewünschten
    Er (Er +) zusam̄enfällt. Dann entsteht ein Interesse, dieses W
    zu erkennen, um eventuell doch von ihm einen Weg zu
    Er + zu finden. Es ist anzunehmen, daß zu diesem Zwecke
    W auch vom Ich aus überbesetzt wird1, wie im vorigen Falle
    los der Bestandtheil Nc. Wen̄  nicht absolut neu ist, wird
    es jetzt an ein Erw erin̄ern, dieses wachrufen, mit
    welchem es wenigstens theilweise zusam̄enfällt. An
    diesem Er
    bild wiederholt sich nun der Denkvorgang
    von vorhin nur gewißermaßen ohne das Ziel, welches
    die besetzte Wunschvorstellg vorhin bot.

  • S.

    49

    Soweit die Besetzgen übereinanderfallen, geben sie keinen
    Anlaß zur Denkarbeit. Die auseinanderfallenden Anteile
    dagegen „erwecken das Interesse" u können zu zweierlei Weisen
    von Denkarbeit Anlaß geben. Entweder richtet sich der Strom
    auf die geweckten Er u setzt eine ziellose Erinn̄erungsarbeit in
    Gang, die also durch die Verschiedenheiten, nicht durch
    die Ähnlichkeiten bewegt wird, oder er verbleibt in den neu
    aufgetauchten Bestandtheilen u. stellt dan̄ eine ebenfalls
    ziellose Urtheilsarbeit dar.

    Nehmen wir an, das Objekt, welches W liefert, sei dem
    Subjekt ähnlich, ein Nebenmensch. Das theoretische Interesse
    erklärt sich dan̄ auch dadurch, daß solches Objekt
    gleichzeitig das erste Befriediggsobjekt, im ferneren das erste
    feindliche Objekt ist, wie die einzige helfende Macht. Am
    Nebenmenschen lernt darum der Mensch erken̄en. Dan̄ werden
    die Wcomplexe, die von diesem N.menschen ausgehen, z. Th.
    neu u unvergleichbar sein, seine Züge, etwa auf visuellem Gebiet,
    andere visuelle W, z.B. die seiner Handbewegungen aber werden
    im Subjekt über die Er eigener, ganz ähnlicher visueller
    Eindrücke vom eigenen Körper fallen, mit denen die Er von
    selbst erlebten Bewegungen in Association stehen. Noch andere
    W des Objektes, z.B. wen̄ es schreit, werden die Erin̄erung an
    eigenes Schreien u damit an ¿eigene Schmerzerlebniße
    wecken. Und so sondert sich der Complex des Nebenmenschen
    in 2 Bestandteile, von denen der eine durch constantes

     

  • S.

    50

    Gefüge imponiert, als Ding beisam̄enbleibt, während der
    andere durch Erin̄erungsarbeit verstanden, dh auf eine ei 
    Nachricht vom eigenen Körperzurückgeführt werden kann.
    Diese Zerlegg eines Wcomplexes heißt ihn erkenen, enthält
    ein Urtheil und findet mit dem letzt erreichten Ziel ein
    Ende. Das Urtheil ist, wie man sieht, keine Primärf, sondern
    setzt die Besetzg des disparaten Anteiles vom Ich aus
    voraus; es hat zunächst keinen praktischen Zweck u es
    scheint, daß beim Urtheilen die Besetzg der disparaten
    Bestandtheile abgeführt wird, da sich so erklären würde,
    warum sich die Thätigkeiten, „Prädikate" vom Subjektcomplex d
    urch eine lockere Bahng sondern.

    Man kön̄te von hier aus tief in die Analyse des Urtheils-
    aktes eingehen, allein dieß führt vom Thema ab.
    Begnügen wir uns damit festzuhalten, daß es das ursprüngl
    Interesse an der Herstellg der Befriediggssituation ist,
    welches in einem Falle das reproducirende Nachdenken
    im anderen Falle das Beurtheilen als Mittel erzeugt
    hat, aus der real gegebenen W-situation auf die
    gewünschte zu gelangen. Voraussetzg dabei bleibt,
    daß die ψVorgänge nicht ungehem̄t, sondern bei
    thätigem Ich ablaufen. Der eminent praktische Sinn aller
    Denkarbeit wäre aber dabei erwiesen.

  • S.

    51

    Denken u Realität.

    Ziel u Ende aller Denkvorgänge ist also die Herbeiführg eines
    Identitätszustandes, die Überführg einer von außen stam̄enden
    Besetzg Q in eine vom Ich aus gegebene besetztes Neuron.

    Das erken̄ende oder urtheilende Denken sucht eine Identität mit
    einer Körperbesetzg, das reproducirende Denken mit einer eigenen
    psych. Besetzg auf. Das urtheilende Denken arbeitet dem repro-
    duzieenden vor, indem es ihm fertige Bahngen zur weiteren
    Associationswanderg bietet. Kommt nach Abschluß des Denkaktes
    das Real zur Wahrnehmg, so ist das Realitätsurtheil,
    der Glaube gewon̄en u das Ziel der ganzen Arbeit erreicht.

    Für das Urtheilen ist noch zubemerken, daß dessen
    Grundlage offenbar das Vorhandensein von eigenen Körper-
    erfahrgen, Empfindgen und Beweggsbildern ist. Solange diese
    fehlen, bleibt der variable Anteil des W-complexes unver-
    standen, dh er kan̄ reproduzirt werden, giebt aber keine Richtg
    für weitere Denkwege. So können z.B., was in der Folge
    wichtig sein wird, alle sexuell Erfahrgen keine Wirkg äußern,
    so lange das Individ keine Sexualempfindg kennt, dh
    im Allgemeinen bis zum Beginn der Pubertät.

    Das primäre Urtheilen scheint eine geringere Beeinflußg
    durch das besetzte Ich vorauszusetzen als die reproduzirenden
    Denkakte. Handelt es sich dabei um Verfolgg einer Association
    durch theilweises Übereinanderfallen, der keine Modification

     

  • S.

    52

    angethan wird. So kom̄en den̄ auch Fälle vor, in denen
    der Urtheilsassociationsvorgang sich mit voller Quantität
    vollzieht. W entspricht etwa einem Objektkern + einem Beweggs-
    bild. Während man W wahrnim̄t, ahmt man die Bewegg
    selbst nach, dh innervirt das eigene Beweggsbild, das auf
    Aufeinanderfallen geweckt ist, so stark, daß die Bewegg
    sich vollzieht. Man kan̄ daher von einem Imitationswerth
    einer W sprechen. Oder die W weckt das Er einer
    eigenen Schmerzempfindg, man verspürt dan̄ die entsprech.
    Unlust u wiederholt die zugehörigen Abwehrbeweggen.
    Dies ist der Mitleidswerth einer W.

    In diesen beiden Fällen haben wir wol den Primärvorgang
    für das Urtheilen zu sehen u können annehmen, daß
    alles sekund Urtheilen durch Ermäßigg dieser rein
    associativen Vorgänge zu Stande k gekom̄en ist. Das
    Urtheilen, später ein Mittel zur Erken̄tniß des vielleicht
    praktischen wichtigen Objektes, ist also ursprünglich ein
    associativer Vorgang zwischen von außen kommenden u vom
    eigenen Körper stam̄enden Besetzgen, eine Identificirg
    von φ u Bin̄ennachrichten oder Besetzgen. Es ist vielleicht
    nicht unrecht zu vermuthen, daß es gleichzeitig einen
    Weg darstellt, wie von φ kom̄ende Q übergeführt
    u abgeführt werden können. Was wir Dinge nen̄en,

  • S.

    53

    sind Reste, die sich der Beurtheilung entziehen.

    Aus dem Urtheilsbeispiel ergiebt sich zuerst ein Wink
    für die Verschiedenheit im Quantit, welche zwischen Denken
    u Primärvorgang zu statuiren ist. Es ist berechtigt anzunehmen,
    daß beim Denken ein leiser Strom motorischer
    Innervation von ψ abläuft, natürlich nur dan̄, wenn im
    Verlauf ein motorisches oder SchlüßelN innervirt
    worden ist. Doch wäre es unrecht, diese Abfuhr für den Denk-
    vorgang selbst zu nehmen, von dem sie nur eine unbeabsichtigte
    Nebenwirkg ist. Der Denkvorgang besteht in der Besetzg
    von ψ N mit Abänderg des Bahnungszwanges durch Seiten-
    besetzg vom Ich aus. Es ist mechanisch verständlich, daß dabei
    nur ein Theil der Q den Bahngen folgen kan̄ und daß
    die Größe dieses Theils beständig durch die Besetzgen regulirt
    wird. Es ist aber auch klar, daß damit gleichzeitig Q genug
    erspart wird, um die Reproduktion überhaupt nutzbringend
    zu machen. Im anderen Falle würde alle Q, die am Schluße
    zur Abfuhr nötig ist, während des Umlaufes auf den
    motorischen Auslaufpunkten verausgabt werden. Der
    Sekundärvorgang ist also eine Wiederholg des urspr ψ Ablaufes
    auf niedrigerem Niveau, mit geringeren Quantitäten.

    Noch kleinere Q, wird man einwerfen, als sonst in ψN
    verlaufen! Wie bringt man es zu Stande, so kleinen Q
    die Wege zu eröffnen, die
    doch nur für größere

     

  • S.

    54

    als ψ in der Regel empfängt, gangbar sind? Die einzig
    mögliche Antwort ist, dieß muß eine mechanische Folge
    der Seitenbesetzgen sein. Wir müßen derartige Verhält-
    niße erschließen, daß bei Seitenbesetzg kleine Q durch
    Bahngen abströmen, wo sonst nur große den Durchgang gefunden
    hätten. Die Seitenbesetzg bindet gleichsam einen Betrag
    der durch das N strömenden Q.

    Das Denken muß ferner einer anderen Bedingg genügen. Es
    darf die durch Primärvorgänge geschaffenen Bahngen nicht
    wesentlich verändern, sonst fälscht es ja die Spuren der
    Realität. Dieser Bedingg genügt die Bemerkg, daß Bahng
    wahrscheinlich der Erfolg einmaliger großer Quantit ist
    so daß u daß Besetzg, im Moment sehr mächtig, doch keinen
    vergleichbar dauernden Effekt hinterläßt. Die kleinen
    beim Denken passirenden Q kom̄en im Allgemeinen
    gegen die Bahngen nicht auf.

    Es ist aber unzweifelhaft, daß der Denkvorgang doch dauernde
    Spuren hinterläßt, da ein zweites Überdenken soviel
    weniger Aufwand fordert als ein erstes. Um die Realität
    nicht zu fälschen, bedarf es also besonderer Spuren, Anzeichen
    für die Denkvorgänge, die ein Denkgedächtniß constatiren
    constituiren, welches sich bisher nicht formen läßt. Wir werden
    später hören, durch welche Mittel die Spuren der
    Denkvorgänge von denen der Realität geschieden werden.

  • S.

    55

    PrimärvorgängeSchlaf u Traum.

    Nun taucht die Frage auf, aus welchen quantitat Mitteln wird den̄
    der ψ Primärvorgang bestritten? Beim Schmerzerlebniß ist es
    offenbar die von außen einbrechende Q, beim Affekt
    die durch Bahng entbundene endogene Qant; beim Sek.vorgang des
    reproduz Denkens kan̄ offenbar auf das Nc eine größere
    oder geringere Q aus dem Ich 
    übertragen werden, die
    man als Denkinteresse bezeichnen darf, u die dem Affekt-
    interesse proportional, wo ein solches entstehen konnte. Es
    fragt sich nur, giebt es ψ Vorgänge primärer Natur, für
    welche die aus φ mitgebrachte Q hinreicht oder kom̄t
    zur φ Besetzg einer W ein ψ Beitrag (Aufmerksamkeit)
    automatisch hinzu, der erst einen ψ Vorgang ermöglicht?
    Diese Frage bleibe offen, ob sie nicht etwa durch Spezial-
    anpassg an psychol Thatsachen entschieden werden kann.

    Eine wichtige Thatsache ist es, daß wir ψ Primärvorgänge,
    wie sie in der ψ Entwicklung biologisch allmählich unterdrückt
    worden sind, alltäglich während des Schlafes vor uns haben.
    Eine zweite Thatsache derselben Bedeutg, daß die patholog. 
    Mechanismen, welche die sorgfältigste Analyse bei den
    Psychoneurosen aufdeckt, mit den Traumvorgängen die
    größte Ähnlichkeit haben. Aus diesem später auszuführenden
    Vergleich ergeben sich die wichtigsten Schlüße.

     

  • S.

    56

    Zunächst ist die Thatsache des Schlafes in die Theorie einzutragen.
    Die wesentliche Bedingg des Schlafes ist beim Kinde klar zu erken̄en.
    Das Kind schläft, solange es kein Bedürfniß oder äußerer
    Reiz quält (Hunger und Naßkälte). Es schläft mit der Befriedigg
    (an der Brust) ein. Auch der Erwachsene schläft leicht post
    coenam et coitum. Bedingg des Schlafes ist somit Absinken
    der endogenen Ladung im ψ Kern, welche die Sekf überflüßig
    macht. Im Schlaf ist das Individuum im Idealzustand der
    Trägheit, des QVorrathes entledigt.

    Dieser Vorrath ist beim Erwachsenen im „Ich" angesam̄elt; wir
    dürfen annehmen, daß es die Ichentladg ist, die den Schlaf
    bedingt u characterisirt. Hiemit ist, wie sofort klar, die
    Bedingg für psych Primärvorgänge gegeben.

    Ob das Ich sich beim Erwachsenen im Schlaf vollständig entlastet,
    ist nicht sicher. Jedenfalls zieht es eine Unzahl seiner Besetzgen
    ein, die aber mit dem Erwachen sofort u mühelos herge-
    stellt werden. Dieß widerspricht keiner unserer Voraussetzgen,
    macht aber aufmerksam darauf, daß zwischen gut
    verbundenen N Strömungen anzunehmen sind, welche wie
    in com̄unizirenden Gefäßen das gesamte Niveau betreffen,
    obwol die Niveauhöhe im einzelnen N nur proportional
    nicht gleichförmig zu sein braucht.

    Aus den Eigenthüml des Schlafes ist manches zu entnehmen,
    was sich nicht errathen ließe:

  • S.

    57

    Der Schlaf ist ausgez durch motorische (Willens)lähmung. Der Wille
    ist die Abfuhr der gesamten ψ Q: Im Schlaf ist der spinale
    Tonus theilweise gelöst; es ist wahrscheinlich, daß die motorische
    φ Abfuhr sich im Tonus äußert; andere Innervationen bestehen
    mitsamt ihren Erreggsquellen.

    Es ist höchst interessant, daß der Schlafzustand beginnt und hervor-
    zurufen ist mit Verschluß der verschließbaren Sinnesorgane.
    W sollen im Schlaf nicht gemacht werden, nichts stört den Schlaf
    mehr als Auftreten von Sinneseindrücken, Besetzg von φ her
    in ψ. Dieß scheint darauf zu deuten, daß während des Tages
    den Mantelneuronen, welche W von φ her empfangen, eine
    beständige, wenngleich verschiebbare Besetzg entgegengeschickt
    wird (Aufmerksamkeit), so daß sehr wol die ψ Primärvorgänge
    sich mit diesem ψ Beitrag vollziehen können. Ob die MantelN
    selbst bereits vorbesetzt sind oder anstoßende KernN, das
    stehe dahin. Zieht ψ diese Mantelbesetzgen ein, so erfolgen
    die W auf unbesetzte N, sind gering, vielleicht nicht im
    Stande, von w aus ein Qualz zu geben. Wie wir vermuthet
    haben, hört mit der Entleerg der wN dan̄ auch eine die Auf-
    merks steigernde Abfuhrinnervation auf. Auch das Rätsel
    des Hypnotisierens hätte hier anzusetzen. Auf dieser Einziehg
    der Aufmerksamkeitsbesetzg wird die scheinbare Unerregbarkeit
    der Sinnesorgane beruhen.

    Durch einen automatischen Mechanismus also, das Gegenstück
    vom
    Aufmerksmechanismus, schließt ψ die φ Eindrücke aus,

  • S.

    58

    solange es selbst unbesetzt ist.

    Das Merkwürdigste aber ist, daß im Traum Schlaf ψ Vorgänge ablaufen,
    die Träume mit vielen unverstandenen Characteren.

     

    Die Traumanalyse.

    Die Träume zeigen alle Übergänge zum Wachen und Vermengg
    mit normalen ψ Vorgängen, doch läßt sich das eigentlich
    Traumhafte leicht herausklauben.

    1) Die Träume entbehren der motorischen Abfuhr, sowie zumeist
    motorischer Elemente. Man ist im Traum gelähmt.

    Die bequemste Erklärg dieses Charakters ist der Wegfall der
    spinalen Vorbesetzg durch Aufhören der φAbfuhr. Die motor.
    Erregg kann die Pyschranke bei ungbesetztem N nicht überschreiten.
    In sonstigen Traumzuständen ist Bewegg nicht ausgeschloßen.
    Es ist nicht der wesentlichste Character des Traumes.

    2) Die Traumverknüpfgen sind theils widersinnig, theils schwach-
    sinnig, oder auch sinnlos, seltsam toll.

    Der letztere Character erklärt sich daraus, daß im Traum der
    Associationszwang herrscht, wie wol primär im psych Leben
    überhaupt. Zwei gleichzeitig vorhandene Besetzgen müßen
    scheint es in Verbindg gebracht werden. Ich habe komische
    Beispiele für das Walten dieses Zwanges im Wachen
    gesam̄elt (z. B. Zuhörer während des Attentates in der franz.
    Kam̄er aus der Provinz, haben den Schluß gezogen, daß
    nach jeder guten Rede eines Deputirten als Beifallszeichen

  • S.

    59

    – geschossen wird.

    Die beiden anderen, eigentlich identischen Charactere beweisen, daß
    ein Theil der psych Erfahrgen vergessen ist. Thatsächlich sind ja
    alle die biolog. Erfahrgen vergessen, die sonst den Primärvorgg
    hem̄en u dieß wegen mangelnder Ichbesetzung. Wahrscheinlich
    ist die Unsin̄igkeit und Unlogik des Traumes auf eben denselben
    Character zurückzuführen. Es scheinen nicht eingezogene ψ Besetzgen
    z. The nach ihren nächsten Bahngen, z. Th nach den benachbarten
    Besetzgen sich abzugleichen. Bei vollständiger Ichentladg
    müßte der Schlaf traumlos sein.

    3). Die Traumvorstellgen sind hallucinatorischer Art, erwecken
    Bewußtsein u finden Glauben.

    Dies ist der bedeutsamste Schlafcharacter. Er tritt gleich beim
    alternirenden Einschlafen auf, man schließt die Augen u hallucin,
    öffnet sie u denkt in Worten. Es giebt mehrere Erklärungen
    für die halluc Natur der Traumbesetzgen. Erstens könnte
    man annehmen, die Strömg von φ zur Motilität habe eine
    rückläufige Besetzg von ψ aus der φN gehindert; mit dem
    Aufhören dieser Strömg werde φ rückläufig besetzt und
    damit die Qualitbedingg gegeben. Dagegen spricht nur die Erwägg,
    daß die φN durch Nichtbesetzg gegen Besetzg von ψ aus geschützt
    sein sollten, ähnlich wie die Motilität. Es ist bezeichnend
    für den Schlaf, daß er das ganze Verhältniß hier umkehrt,
    die motorische Abfuhr von ψ aufhebt, die rückläufige nach φ
    ermöglicht. Man könnte geneigt sein, den großen Abfuhrstrom

  • S.

    60

    des Wachens, φ-Motilität hier die entscheidende Rolle spielen
    zu lassen. Man könnte zweitens auf die Natur des Primär
    vorganges recurrieren, anführen, daß die primäre Er einer
    W stets Hallucination ist u daß erst die Ichhem̄g gelehrt
    hat, W nie so zu besetzen, daß es rückläufig auf φ übertragen
    kann. Man könnte dabei zur Erleichterg der Annahme a
    nführen, daß die Leitg φ-ψ jedenfalls leichter vor sich
    geht als die ψ-φ, so daß selbst eine ψ Besetzg eines N,
    welche die Wbesetzg desselben
    N weit überschreitet, doch noch
    nicht rückläufig zu leiten braucht. Ferner spricht für diese
    Erklärg der Umstand, daß im Traum die Lebhaftigkeit
    der Halluci im geraden Verhältniß steht zur Bedeutg,

    also zur quant Besetzg der betreff Vorstellg. Dieß weist
    darauf hin, daß es die Q ist, welche die Hallucinat
    bedingt. Kom̄t eine W
    von φ aus im Wachen, so wird sie
    durch ψ Besetzg (Interesse) zwar deutlicher, aber nicht lebhafter,
    sie ändert ihren quant. Character nicht.

    4). Der Zweck u Sinn der Träume (der normalen wenigstens
    ist mit Sicherheit festzustellen. Sie sind Wunscherfüllungen

    also Primärvorgänge nach den Befriediggserlebnißen
    u werden nur darum nicht als solche erkannt, weil die
    Lustentbindg (Reproduktion von Lustabfuhrspuren) bei ihnen
    gering ist, weil sie überhpt. fast affektlos (ohne motorische

     

  • S.

    61

    Entbindg) verlaufen. Diese ihre Natur ist aber sehr leicht nachzuweisen.
    Gerade daraus möchte ich schließen, daß die primäre Wunschbesetzg
    auch halluc Natur war.

    3). Bemerkenswert ist das schlechte Gedächtniß und der geringe Schaden
    der Träume im Vergleich mit anderen Primärvorgängen.
    Das erklärt sich aber leicht dardaraus, daß die Träume meist nach
    alten Bahngen gehen, also keine Veränderg machen, daß
    die φErlebnisse von ihnen abgehalten sind u daß sie nicht die
    Abfuhrspuren hinterlassen wegen Motilitätslähmg.

    6) Interessant ist noch, daß das Bewußtsein im Traum so
    ungestört die Qual wie im Wachen liefert. Dieß zeigt,
    daß Bewußtsein nicht am Ich haftet, sondern Zuthat zu
    allen ψ Vorgängen werden kann. Es warnt uns auch davor,
    etwa die Primärvorgänge mit unbewußten zu identificiren;
    zwei für die Folge unschätzbare Winke!

    Fragt man das Bewußtsein bei erhaltenem Traumgedächtniß
    nach dem Trauminhalt aus, so ergibt sich, daß die Bedeutg
    der Träume als Wunscherfüllgen verdeckt ist durch eine
    Reihe von ψ Vorgängen, die sich alle bei den Neurosen
    wiederfinden u deren krankhafte Natur characterisiren.

  • S.

    62

    Das Traumbewußtsein.

    Das Bewußts der Traumvorstellg ist vor allem ein discontin-
    uirliches, es ist nicht ein ganzer
    Assocablauf bewußt worden,
    sondern nur einzelne Stationen, dazwischen liegen unbewußte
    Mittelglieder, welche man mit Leichtigkeit im Wachen auffindet.
    Forscht man nach den Gründen dieses Überspringens, so
    zeigt sich folgendes:
    Es sei A eine bewußt gewordene
    Trvorst
    , sie führe zu B; anstatt B findet sich aber C
    im Bewußts u zwar weil auf dem Wege zwischen B u
    einer gleichzeitig vorhandenen Dbesetzg liegt.

    A / B / C / D

    Es ergiebt sich also eine Ablenkg durch
    eine gleichzeitige andersartige, selbst
    übrigens nicht bewußte Besetzg.
    Es hat sich also darum C dem B substituirt,
    während B der Gedankenverbindg, der Wunsch-
    erfüllung besser entspricht.

    Z. B.
    R. hat der A. eine Injektion von Propyl gemacht,
    dann sehe ich vor mir Trimethylamin sehr lebhaft, halluc als
    Formel. Erklärg: Der gleichzeitig vorhandene Gedanke
    ist die sexuelle Natur von A.’s Krankheit. Zwischen diesem
    Gedanken u dem Propyl  gibt es eine Association
    in der Sexualchemie, die ich mit W. Fl. besprochen, wobei
    er mir das Tr.meth.amin hervorgehoben. Dieß wird nun
    bewußt durch beiderseitige Förderung.

  • S.

    63

    Es ist sehr rätselhaft, daß nicht auch das Mittelglied (Sexualchemie
    oder die ablenkende Vorstellg (sex Natur der Krankheit)
    bewußt wird; u es bedarf einer Erklärg hiefür. Man
    würde meinen, die Besetzg von B oder D sei allein nicht
    intensiv genug, sich zur rückläufigen Halluc durchzusetzen
    das gemeinsam besetzte C brächte dieß zu Stande. Allein
    im gewählten Beispiel war D (Sexualnatur) gewiß so
    intensiv wie A (Propylinjektion) und der Abköm̄ling
    beider, die chemische Formel war enorm lebhaft.
    Das Rätsel unbewußter Mittelglieder gilt ebenso für das
    wache Denken, wo ähnliche Vorkom̄nisse alltäglich sind.
    Characteristisch für den Traum bleibt aber die Leichtigkeit
    der Verschiebg der Q und somit die Ersetzung von B
    durch ein quantit bevorzugtes C
    .

    Ähnlich bei der Wunscherfüllung im Traum überhpt. Es wird
    nicht etwa der Wunsch bewußt u dann dessen Erfüllg
    hallucinirt, sondern nur das letztere, das Mittelglied
    bleibt zu erschließen. Es ist ganz gewiß passiert worden,
    ohne sich qualitativ ausbilden zu können. Man sieht
    aber ein, daß die Besetzg der Wunschvorstellg un-
    möglich stärker sein kann als das dazu drängende
    Motiv. Der psych Ablauf geschieht also im Traum nach
    der Q; aber nicht die Q entscheidet über das Bewußt-
    werden.

     

  • S.

    64

    Es ist aus den Traumvorgängen etwa noch zu entnehmen,
    daß das Bewußtsein während eines Qablaufes entsteht, dh
    nicht durch eine constante1 Besetzg geweckt wird. Ferner
    sollte man auf die Vermuthung geraten, daß eine intensive
    Qströmung der Entstehg des Bewußtseins nicht günstig ist,
    da sich dieß an den Erfolg der Bewegg, gewißermaßen
    an ein ruhigeres Verweilen der Besetzg anschließt.
    Es ist schwer zwischen diesen
    ¿n einander widersprechenden
    Bestim̄uen zur wirkl Bew. Bedingtheit durchzudringen.
    Auch wird man dazu die Verhältnisse
    berücksichtigen
    müssen, unter denen Bew
    im Sekvorgang entsteht.

    Vielleicht erklärt sich die vorhin angegebene Eigenthüm-
    lichkeit des Traumbewußtseins daraus, daß ein Rückströmen
    von Q nach φ mit einer energischeren Strömung nach
    ψ Associationsbahnen unverträglich ist. Für die φ Bewußts-
    seinsvorgänge scheinen andere Bedinggen zu gelten.

    25. Sept 95.

     

  • S.

    65

    II Theil

    Psychopathologie

    Der I Theil dieses Entwurfes enthielt, was sich aus den Grund-
    annahmen gewißermaßen a priori ableiten ließ, gemodelt u 
    corrigirt nach einzelnen thatsächl Erfahrgen. Dieser II Theil
    sucht aus der Analyse patholog. Vorgänge fernere Bestim̄gen
    des auf die Grundannahmen fundirten Systems zu errathen;
    ein dritter soll aus beiden vorhergehenden die Charactere des
    normalen psych Ablaufes aufbauen.

    A. Psychopathologie der Hysterie.

    Der hysterische Zwang Die Symptome (Sonderbarkeiten) der Hysterie.

    Ich beginne von Dingen, die sich bei der Hy. finden, ohne daß
    sie ihr einzig eigen sein müßen. – Jedem Beobachter der Hy 
    fällt zunächst auf, daß die Hy einem Zwang unterliegen, der
    von überstarken Vorstellgen ausgeübt wird. Es taucht
    etwa eine Vorstellg besonders häufig im Bewußtsein auf,
    ohne daß der Ablauf es rechtfertigen würde; oder es
    ist die Erweckg dieser V. von psych. Folgen begleitet, die sich
    nicht verstehen lassen. Mit dem Auftauchen der überstarken
    Vorstellg sind Folgen verbunden, die einerseits nicht zu unter-
    drücken, andererseits nicht zu verstehen sind, Affektentbindung,
    motorische Innervationen, Verhinderungen. Dem Individuum
    geht die Einsicht in das Auffällige des Sachverhaltes
    keineswegs ab.

    Überstarke Vorstellungen gibt es auch normaler Weise. Sie
    verleihen dem Ich seine Besonderheit. Wir wundern

  • S.

    66

    uns nicht über sie, wen̄wir ihre genetische Entwicklg (Erziehg,
    Erfahrungen) und ihre Motive kennen. Wir sind gewohnt in
    solchen überstarken Vorst. das Ergebniß großer u berechtigter
    Motive zu sehen. Die hysterischen üb.V. fallen uns dagegen
    durch ihre Sonderbarkeit auf, es sind Vorst, die bei anderen
    folgenlos sind u von deren Würdigkeit wir nichts verstehen.
    Sie erscheinen uns als Emporköm̄linge, Usurpatoren,
    daher als lächerlich.

    Der hysterische Zwang ist also 1) unverständlich, 2). durch
    Denkarbeit unlöslich, 3). in seinem Gefüge incongruent.

    Es gibt einen einfachen neurotischen Zwang, den man mit
    dem hysterischen in Contrast bringen darf, z. B. Ein Mann
    ist aus einem Wagen gestürzt; dabei in Gefahr geraten
    u kann seither nicht mehr in einem Wagen fahren. Dieser
    Zwang ist 1) verständlich, denn wir ken̄en seine Herkunft, 3)
    congruent, denn die Association mit Gefahr rechtfertigt
    die Verknüpfg des Wagenfahrens mit Furcht. Er ist aber
    auch durch Denkarbeit nicht löslich. Letzterer Charakter
    ist nicht ganz pathologisch zu heißen, auch unsere normalen
    überstarken Ideen sind oft unlöslich. Man würde den
    neurotischen Zwang für gar nicht pathologisch halten, wenn die
    Erfahrg nicht zeigte, daß ein solcher beim gesunden Menschen
    nur kurz nach der Veranlassg fortbesteht, dan̄ mit der
    Zeit zerfällt. Die Fortdauer des Zwanges ist also pathologisch
    u weist auf eine einfache Neurose hin.

  • S.

    67

    Nun ergeben unsere Analysen, daß der hyst. Zwang sofort
    gelöst ist, wenn er aufgeklärt (verständlich gemacht ist).
    Diese beiden Charactere sind also im Wesen eines.
    Bei der Analyse erfährt man auch den Vorgang, durch
    welchen der Anschein von Absurdität u Incongruenz zu-
    stande gekom̄en ist. Das Resultat der Analyse ist allgemein
    ausgedrückt folgendes:

    Vor der Analyse ist A eine überstarke Vorstellg, die sich zu
    oft ins Bewußtsein drängt, jedesmal Weinen hervorruft. Das
    Individuum weiß nicht, warum es bei A weint, findet es absurd
    kann es aber nicht hindern.

    Nach der Analyse hat sich gefunden, daß es eine Vorstellg
    B gibt, die mit Recht Weinen hervorruft, die mit Recht
    sich oft wiederholt, so lange nicht eine gewiße komplicirte
    psych. Leistg gegen sie vom Individ. vollbracht ist. Die Wirkg
    von B ist nicht absurd, ist dem Individ verständlich, kann
    selbst von ihm bekämpft werden.

    B steht zu A in einem bestim̄ten Verhältniß.

    Es hat nämlich ein Erlebniß gegeben, welches aus B+ A
    bestand. A war ein Nebenumstand, B war geeignet jene
    bleibende Wirkg zu thun. Die Reproduktion dieses
    Ereignißes in der Erin̄erg hat sich nun so gestaltet, als
    ob A an die Stelle von B getreten wäre. A ist das
    Substitut, das Symbol für B geworden. Daher die Incongruenz,
    A ist von Folgen begleitet, deren es nicht würdig scheint, die
    nicht zu ihm passen.

  • S.

    68

    Symbolbildgen kom̄en auch normale Weise vor. Der Soldat
    opfert sich für einen mehrfarbigen Fetzen auf einer Stange,
    weil dieser zum Symbol des Vaterlandes geworden ist, u niemand
    findet dies neurotisch.

    Das hysterische Symbol benim̄t sich aber anders. Der Ritter, der
    sich für den Handschuh der Dame schlägt, weiß erstens, daß
    der Handschuh seine Bedeutg der Dame verdankt, er ist
    zweitens durch die Verehrg des Handschuhes in keiner Weise
    gehindert, an die Dame zu denken u ihr sonst zu dienen.
    Der Hyst., der bei A weint, weiß nichts davon, daß er dies
    wegen der Association A-B thut und B selbst spielt in
    seinem psych Leben gar keine Rolle. Das Symbol hat sich
    hier dem Ding vollkom̄en substituiert.

    Diese Behauptung ist im strengsten Sinne richtig. Man überzeugt
    daß bei allen Erweckgen von außen u aus der Association her,
    die eigentlich B besetzen sollten, anstatt deßen A ins Bewußtsein
    tritt. Ja, man kan̄ aus den Anlässen, die – merkwürdigerweise – 
    A erwecken, auf die Natur von B schließen.

    Man kann den Sachverhalt zusam̄enfassen, A ist zwangsartig,
    B ist verdrängt (wenigstens aus dem Bewußtsein)

    Die Analyse hat das überraschende Resultat ergeben, daß
    jedem Zwang eine Verdrängung entspricht, jedem übermäßigen
    Eindrängen ins Bewußtsein eine Amnesie.

    Der Terminus "überstark" weißt auf quantit Charactere hin,
    es liegt nähe anzunehmen, daß die Verdrängg den quantit

     

  • S.

    69

    Sinn einer Entblösg von Q hat, u daß die Sum̄e von beiden
    dem normalen gleich wäre. Dann hat sich nur die Verteilg
    geändert, dem A ist etwas zugelegt worden, was dem B
    entzogen wurde. Der pathol. Vorgang ist der einer Verschiebung,
    wie wir sie im Traume kennengelernt haben, also
    ein Primärvorgang.

    Die Entstehung des hysterischen Zwanges.

    Nun entstehen mehrere inhaltsvolle Fragen: Unter welchen
    Bedinggen kom̄t es zu einer solchen patholog. Symbolbildg,
    (andererseits) Verdrängg? Welches ist die bewegende Kraft
    dabei? In welchem Zustand befinden sich die N der überstarken
    u die der verdrängten Vorstellg?

    Es wäre da nichts zu erraten u nicht weiter zu bauen, wenn
    nicht die klinische Erfahrg zwei Thatsachen lehrte. Erstens
    die Verdrängg betrifft durchwegs Vorstellgen, die dem Ich
    einen peinlichen Affekt (Unlust) erwecken, zweitens Vorstellg
    aus dem sexuellen Leben.

    Man kan̄ schon vermuthen, daß es jener Unlustaffekt
    ist, welcher die Verdrängg durchsetzt. Wir haben ja
    schon eine primäre Abwehr angenom̄en, die darin
    besteht, daß die Denkströmung umkehrt, sobald sie
    auf ein N stößt, dessen Besetzung Unlust entbindet.

    Die Berechtigg dazu ergab sich aus 2 Erfahrgen, 1) daß diese
    Nbesetzung gewiß nicht die gesuchte ist, wo der Denkvorgang
    ursprünglich die Herstellg der ψ Befriediggssituation bezweckte,
    2). daß bei reflektorischer Beendigg eines Schmerzerlebnisses

     

  • S.

     70

    die feindliche W durch eine andere ersetzt wurde.

    Allein, man kann sich von der Rolle des Abwehraffektes
    direkter überzeugen. Forscht man nach dem Zustand, in dem
    sich die verdrängte B befindet, so entdeckt man, daß diese
    leicht aufzufinden u ins Bewußtsein zu bringen ist. Dies
    ist eine Überraschg, man hätte ja meinen kön̄en, B
    sei wirklich vergeßen, keine Erinnerungsspur von B in ψ
    geblieben. Nein B ist ein wie ein anderes, ist
    nicht verlöscht, aber wenn, wie gewöhnlich, B ein Besetzgscomplex
    ist, so erhebt sich ein ungemein großer, schwer zu besiegender
    Widerstand gegen die Denkarbeit mit B. Man
    darf ohne Weiteres in diesem Widerstand gegen B
    das Maß des Zwanges sehen, den A ausübt, u darf
    glauben, daß man die Kraft, welche seinerzeit
    B verdrängt hat, hier neuerdings bei der Arbeit sieht.
    Gleichzeitig erfährt man etwas Anderes. Man hat ja
    nur gewußt, daß B nicht bewußt 
    werden kann,
    über das Verhalten von B zur Denkbesetzg war nichts
    bekannt. Nun lernt man, daß der Widerstand sich
    gegen jede Denkbeschäftigung mit B kehrt, wen̄ es auch
    schon theilweise bewußtgemacht ist. Man darf also
    anstatt vom Bewußtsein ausgeschlossen, einsetzen:
    vom Denkvorgang ausgeschloßen.

    Es ist also ein vom besetzten Ich ausgehender Abwehr-
    vorgang, der die hyst Verdrängg u damit den hyst
    Zwang zur Folge hat. Insoferne scheint sich

     

  • S.

    71

    der Vorgang von den ψ Primärvorgängen abzusondern.

    Die pathologische Abwehr

    Wir sind indeß weit entfernt von einer Lösung. Der
    Erfolg der hy Verdrängg unterscheidet sich wie wir wissen
    sehr weitgehend von dem der primären Abwehr oder der
    normalen Abwehr, von der wir genau Bescheid wissen.
    Es ist ganz allgemein, daß wir es vermeiden an das zu
    denken, was nur Unlust erweckt u wir thun dieß,
    indem wir die Gedanken auf anderes richten. Allein
    wenn wir dadurch erreichen, daß die unverträgliche B
    selten in unserem Bewußts auftaucht, weil wir sie möglichst
    isolirt erhalten haben, so gelingt es uns doch nie, an B
    so zu vergessen, daß wir nicht durch neue Wahrnehmg
    darin erin̄ert werden könnten. Nun kan̄ solche
    Erweckg auch bei Hy nicht verhütet werden, der Unterschied
    besteht nur darin, daß dan̄ anstatt B im̄er A bewußt
    also besetzt wird. Es ist also die Symbolbildg so fester Ar
    jene Leistg, welche über die normale Abwehr hinaus geht.

    Die nächste Erklärg dieser Mehrleistg wäre, daß die
    größere Intensität des Abwehraffektes zu beschuldigen ist.
    Allein die Erfahrung zeigt, daß die peinlichsten Erin̄erungen
    welche notwendiger Weise die größte Unlust erwecken müssen
    (Erinnerg von Reue über schlechte Thaten), nicht verdrängt u
    durch Symbole ersetzt werden können. Die Existenz
    der zweiten Bedingg für die pathol. Abwehr  – die Sexual –
    weist auch darauf hin, daß die Erklärg anderswo zu suchen
    ist.

  • S.

    72

    Es ist ganz unmöglich anzunehmen, daß peinliche sex. Affekte
    an Intensität allen anderen Unlustaffekten so sehr
    überlegen sein. Es muß ein anderer Character der
    sex Vorstellg sein, welcher erklären kan̄, daß einzig
    sex. Vorstellg der Verdrängung unterliegen.

    Noch eine Bemerkg ist hier anzufügen. Die hyst. Verdrängg
    geschieht offenbar mit Hilfe der Symbolbildg, der
    Verschiebg auf andere N. Man könnte nun meinen, das
    Rätsel liege nur im Mechanism dieser Verschiebg,
    an der Verdrängg selbst sei nichts zu erklären. Allein
    wir werden bei der Analyse zB. der Zwangsn hören,
    daß dort Verdrängg ohne Symbolbildg stattfindet, ja daß
    Verdrängg u Substitution dort zeitlich auseinanderfallen.
    Somit bleibt der Vorgang der Verdrängg als Kern
    des Rätsels bestehen.

    Das hyst. proton pseudos.

    Wir haben gehört, daß der hyst Zwang von einer
    eigenthümlichen Art der Qbewegg (Symbolbildg) herrührt,
    welche wahrscheinlich ein Primärvorgang ist, da er sich
    im Traum leicht erweisen läßt; daß die bewegende
    Kraft dieses Vorganges die Abwehr des Ich ist, welche
    aber hier mehr leistet als normal. Wir brauchen
    eine Erklärg dafür, daß bei eim Ichvorgang sich
    Folgen einstellen, die wir nur bei Primärvorgg

  • S.

    73

    gewohnt sind. Es sind da besondere psych. Bedingg zu erwarten.
    Von klinischer Seite wissen wir, daß sich dies alles nur
    auf sex Gebiet ereignet; vielleicht haben wir also die
    bes. psych Bedingg aus natürl Characteren der Sexual
    zu erklären.

    Nun gibt es auf sexuell Gebiet allerdings eine besondere
    psych Constellation, die für unsere Absicht verwertbar
    sein könnte. Wir wollen sie, die aus Erfahrg bekan̄t ist,
    an einem Beispiel erörtern.

    Em̄a steht heute unter dem Zwange, daß sie nicht allein in
    einen Kaufladen gehen kann. Zur Begründg desselben
    eine Erin̄erung, als sie 12 J alt war (kurz nach Pubertät). Sie
    ging in einen Laden etwas einkaufen, sah die beiden
    Com̄is, von denen ihr einer in Erin̄erg ist, mit einander
    lachen, u lief in irgend welchem Schreckaffekt davon. Dazu
    lassen sich Gedanken erwecken, daß die beiden über ihr
    Kleid gelacht und daß ihr einer sexuell gefallen habe.

    Sowohl die Beziehg dieser Theilstücke als auch die Wirkg des
    Erlebnisses sind unverständlich. Wenn sie Unlust empfunden
    hat, wegen ihres Kleides ausgelacht zu werden, so hätte
    sich das längst corrigiren müßen, seitdem sie als Dame
    gekleidet ist; auch ändert es nichts an ihrer Kleidg, ob sie
    allein in den Laden geht oder begleitet. Daß sie nicht
    direkte Schutz braucht, geht daraus hervor, daß - wie
    bei Agoraphobie schon die Begleitg eines kleinen
    Kindes ihr Sicherheit bringt. Ganz unvereinbar steht da
    daß ihr der Eine gefallen hat; auch daran würde

     

     

     

     

     

     

  • S.

    74

    Begleitung nichts ändern. Die erweckten Er erklären also weder
    den Zwang, noch die Determinierg des Symptoms.

    Weiteres Forschen deckt nun eine zweite Er auf, die im
    Moment der Scene I gehabt zu haben, sie bestreitet.
    Es ist auch durch nichts erwiesen. Als Kind von 8 J ging sie
    2mal in den Laden eines Greißlers allein, um Naschereien
    einzukaufen. Der Edle kniff sie dabei durch die Kleider
    in die Genitalien. Trotz der ersten Erfahrg ging sie
    ein zweites Mal hin. Nach dem zweiten blieb sie aus.
    Sie macht sich nun Vorwürfe, daß sie zum zweiten Mal
    hingegangen, als ob sie damit das Attentat provociren
    hätte wollen. Thatsächlich ist ein Zustand des „drückenden
    bösen Gewissens" auf dieß Erlebniß zurückzuführen.

    Wir verstehen nun Szene I (Com̄is) wen̄ wir Szene
    II (Greißler) dazunehmen. Wir brauchen nur eine associat
    Verbindung zwischen beiden. Sie giebt selbst an, diese
    sei durch das Lachen gegeben. Das Lachen der Com̄is
    habe sie an das Grinsen erin̄ert, mit dem der
    Greißler sein Attentat begleitet. Nun läßt sich der
    Vorgang wie folgt reconstruiren: Im Laden lachen
    die beiden Com̄is, dies Lachen ruft (unbewußt)
    die Erin̄erg an den Greißler wach. Die Situation hat
    ja noch eine Ähnlichkeit, sie ist wieder im Laden allein.
    Mit dem Greißler wird der Kniff durch die Kleider
    erin̄ert, sie ist aber seitdem pubes geworden. Die

  • S.

    75

    Erinnerg erweckt, was sie damals gewiß nicht konnte, eine
    sexuelle Entbindg, die sich in Angst umsetzt. Mit dieser Angst
    fürchtet sie, die Com̄is könnten das Attentat wieder-
    holen u läuft davon.

    Es ist ganz sicher gestellt, daß hier 2 Arten von ψ Vorgängen
    durch einandergehen, daß die Erin̄erg an Scene II (Greisler)
    in einem anderen Zustand geschah als das Andere. Der
    Hergang läßt sich folgendermaßen darstellen:

     

    Com̄is

    lachen

    Greisler

    ?????

    Kleider

    Kleider

    Sexualentbindung

    Alleisein

    Laden

    Flucht

     

    Davon sind die geschwärzten V Wahrnehmgen, die auch erin̄ert werden
    Daß die Sexualentbindg auch zum Bewußts kam, beweist die
    sonst unverständliche Idee, der lachende Com̄is habe ihr gefallen.
    Der Schluß, nicht allein im Laden zu bleiben wegen Attentats-
    gefahr, ist ganz correkt gebildet, mit Rücksicht auf alle
    Stücke des Associationsvorganges. Allein von dem (unten dargestellten)
    Vorgang ist nichts zum Bewußts gekom̄en als das Stück Kleider
    und das mit Bew arbeitende Denken hat aus dem
    vorhandenen Material: (Com̄is, Lachen, Kleider, Sexualempfig)
    zwei falsche Verknüpfungen gestaltet, daß sie wegen
    ihrer Kleider ausgelacht worden, und daß der eine
    Com̄is ihr sexuelles Gefallen erregt hat.

    Der ganze Complex (licht gehalten) ist im Bew vertreten durch
    die eine Vorstellg Kleider, offenbar die harmloseste.

  • S.

    76

    Es ist hier eine Verdrängung mit Symbolbildg vorgefallen. Daß
    der Schluß – das Symptom – dan̄ ganz correkt gebildet ist, so
    daß das Symbol keine Rolle darin spielt, ist eigentlich
    eine Besonderheit des Falles.

    Man könnte sagen, daß eine Association durch unbewußte
    Mittelglieder durchgeht, bis sie auf ein bewußtes kom̄t,
    sei ganz gewöhnlich, wie es hier geschieht. Wahrscheinlich
    tritt dan̄ jenes Glied ins Bewußts, welches ein besonderes
    Interesse erweckt. In unserem Beispiel ist aber gerade
    das bemerkenswerth, daß nicht jenes Glied ins Bew. tritt,
    welches ein Interesse weckt (Attentat), sondern ein anderes
    als Symbol (Kleider). Fragt man sich, was die Ursache
    dieses eingeschobenen patholog Vorganges sein mag,
    so ergibt sich nur eine einzige, die Sexualentbindg,
    die auch im Bewußtsein bezeugt ist: Diese ist an die
    Attentatserin̄erung geknüpft, allein es ist höchst bemerkens-
    wert, daß sie an das Attentat, als es erlebt
    wurde, nicht geknüpft war. Es liegt hier der Fall vor,
    daß eine Erinnerg einen Affekt erweckt, den sie
    als Erlebnis nicht erweckt hatte, weil unterdeß
    die Veränderung der Pubertät ein anderes Verständniß
    des Erin̄erten ermöglicht hat.

    Dieser Fall ist nun typisch für die Verdrängg bei der
    Hysterie. Überall findet sich, daß eine Er verdrängt
    wird, die nur nachträglich zum Trauma geworden ist.
    Ursache dieses Sachverhaltes ist die Verspätg der Pubertät
    gegen die sonstige Entwicklg des Individuums.

  • S.

    77

    Bedingungen des πρω̃του ψεν̃δος ύστ.

    77Obwohl es im psych Leben nicht gewöhnlich vorkom̄t, daß eine
    Er einen Affekt erweckt, den sie als Erlebnis nicht
    mitgebracht, so ist dies doch für die sexuell. Vorstellg etwas
    ganz Gewöhnliches, gerade weil die Pubertätsverzögerg
    ein allgemein Character der Organisation ist. Jede adolescente
    Person hat Er.spuren, welche erst mit dem Auftreten von
    sexuellen Eigenempfindgen verstanden werden können, jede
    sollte also den Keim zur Hysterie in sich tragen. Es
    bedürfte offenbar noch mitwirkender Momente, sollte
    diese allgemeine Nötigg sich auf die geringe Anzal von
    Personen einschränken, welche wirklich hyst. werden.
    Nun weist die Analyse darauf hin, daß das Störende an
    einem sex. Trauma offenbar die Affektentbindg ist,
    u die Erfahrg lehrt die Hyst. als Personen kennen, von
    denen z. Th. weiß, daß sie durch mech. u Gefühlsreizg vorzeitig
    sex erregbar geworden sind (Masturb), z. TH. annehmen
    kan̄, daß eine vorzeitige Sexentbindung in ihrer Anlage
    liegt. Vorzeitiger Beginn der Sexual.entb. oder vorzeitig
    stärkere Sexentb. ist aber offenbar gleichwertig. Dieß
    Moment ist auf einen quantitativen Faktor reduziert.

    Worin soll nun aber die Bedeutg der Vorzeitigkeit
    in der Sexualentbindg bestehen? Es fällt hier alles
    Gewicht auf die Vorzeitigkeit, denn daß Sexualentbindg
    überhpt zur Verdrängg Anlaß gibt, läßt sich nicht festhalten;
    es würde die Verdrängg wiederum zu einem Vorgang
    von normaler Häufigkeit machen.

  • S.

    78

    Die Denkstörung durch den Affekt

    Wir haben es nicht abweisen können, daß die Störg des
    normalen psych Vorganges 2 Bedinggen hatte, 1) daß die
    Sexualentbindg an eine Er statt an ein Erlebniß anknüpfte,
    2). daß diese Sexualentbindg vorzeitig stattfand.
    Durch diese beiden Zutaten sollte eine Störg verursacht
    werden, welche das normale Maß überschreitet, die aber
    auch im Normalen vorgebildet ist.

    Es ist eine ganz alltägliche Erfahrg, daß Affektentwicklung den
    normalen Denkablauf hem̄t. u zw in verschiedener Weise.
    Erstens, indem viele Denkwege vergessen werden, die sonst
    in Betracht kämen, also ähnlich wie im Traum. So zB.
    ist es mir vorgekom̄en, daß ich in der Erregg einer großen
    Besorgnis vergessen habe, mich des seit kurzer Zeit bei
    mir eingeführten Telephons zu bedienen. Die rezente Bahn
    unterlag im Affektzustand. Die Bahnung, dh die Anciennität
    gewan̄ die Oberhand. Mit diesem Vergeßen schwindet
    die Auswal, die Zweckmäßigkeit u Logik des Ablaufes
    ganz ähnlich wie im Traum. Zweitens, indem ohne Vergeßen
    Wege beschritten werden, die sonst vermieden sind, insbes 
    Wege zur Abfuhr, Handlgen im Affekt. Schließlich nähert
    sich der Affektvorgang dem ungehem̄ten Primärvorgang an.

    Hieraus ist mancherlei zu erschließen. Erstens daß bei
    der Affektentbindg die entbindende Vorstellg selbst eine Verstärkg
    gewinnt, zweitens daß die Hauptleistg des besetzten
    Ich in der Verhütung neuer Affektvorgänge u der
    Herabdrückg der alten Affektbahngen besteht. Man
    kann sich das Verhältniß nur folgender Art vorstellen.

  • S.

    79

    Ursprünglich hat eine Wbesetzg als Erbe eines Schmerzerlebnißes
    Unlust entbunden, sich durch die entb. Q verstärkt u ist nun
    auf den z. Th. vorgebahnten Ablaufwegen zur Abfuhr vor-
    gegangen. Auf bekannte Weise hat sich, nachdem ein besetztes
    Ich gebildet war, die „Aufmerksamkeit" gegen neue W-
    besetzgen entwickelt, die nun dem Ablauf von W aus mit
    Seitenbesegen folgte. Dadurch ist die Unlustentbindung
    quant eingeschränkt worden u deren Beginn war für
    das Ich gerade ein Signal normale Abwehr vorzunehmen ,
    so ist verhütet worden, daß neue Schmerzerlebnisse mit ihren
    Bahngen so leicht entstehen. Je stärker doch die Unlust-
    entbindg, desto schwieriger die Aufgabe für das Ich
    das mit seinen Seitenbesetzgen doch nur den Q bis
    zu gewisser Grenze ein Gegengewicht bieten kann,
    somit einen Primärablauf zulassen muß.

    Ferner, je größer die zum Ablauf strebende Quantität ist,
    desto schwieriger ist für das Ich die Denkarbeit, welche
    nach allen Andeutgen in einem probeweisn Verschieben
    von kleinen Q besteht. Das „Überlegen" ist eine zeiterford
    Thätigkeit des Ich, die bei starken Q, im Affektniveau
    nicht statt haben kann. Daher die Voreiligkeit u die
    Primärvorgang ähnliche Auswahl der Wege im Affekt.

    Es handelt sich also für das Ich darum keine Affektent-
    bindg zuzulassen, weil es damit einen Primärvorgang
    zuläßt. Sein bestes Werkzeug hiefür ist der Aufmerk-
    samkeitsmechanismus. Könnte sich eine Unlust entbindende
    Besetzg diesem entziehen, so käme das Ich dagegen zu spät.

  • S.

    80

    Nun liegt beim hyst. p.ps. gerade dieser Fall vor. Die Aufmerks
    ist auf W eingestellt, welche sonst zur Unl.entbind. Anlaß geben.
    Hier ist keine W sondern eine Er, die unvermuteter
    Weise Unlust entbindet, u das Ich erfährt davon erst zu
    spät; es hat einen Primärvorgang zugelassen, weil es keinen erwartete.

    Allein, es kom̄t doch auch sonst vor, daß Er Unlust entbinden.
    Gewiß, bei frischen Er ist dieß ganz normalerweise der Fall.
    Zunächst wen̄ das Trauma (Schmerzerlebniß) kom̄t – die allersten
    entgehen überhaupt dem Ich – zur Zeit, da es schon ein Ich giebt,
    geschieht eine Unlustentbindg, aber gleichzeitig ist auch das Ich
    thätig Seitenbesetzgen zu schaffen. Wiederholt sich die Erbesetzg,
    so wiederholt sich auch die Unlust allein auch die Ichbahngen
    sind schon vorhanden, die Erfahrg zeigt, daß zum zweiten
    Mal die Entbindg geringer ausfällt, bis sie mit weiterer
    Wiederholg auf die dem Ich genehme Intensität eines
    Signals einschrumpft. Es handelt sich also nur darum,
    daß bei der ersten Unlustentbindg die Ichhem̄g nicht
    ausfällt, der Vorgang nicht als ein posthumes primäres
    Affekterlebnis verläuft u gerade dieß wird erfüllt,
    wenn wie im Fall des hyst p.ps. die Er zuerst die Unlust-
    entbindg veranlaßt.

    Eine der angeführten von der klin. Erfahrg gelieferten
    Bedinguen wäre hiemit in ihrer Bedeutg gewürdigt.
    Die Pubertätsverspätung ermöglicht posthume Primär-
    vorgänge.