• 29. Die subkutane Infusion als Behandlungsmothode der Cholera.

  • Von Prof. S. Samuel in Königsberg. Die vorliegende Schrift versucht eine Pathologie der Cholera nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens zu geben, um durch theoretische Erwägungen zu einer wirksameren Therapie gegen die drohende Epidemie zu gelangen. Gegen Cohnheim, der neuerdings die Reiswasserstühle des enterischen Stadiums für ein Sekret der Darmdrüsen erklärt hat, tritt der Verf. für die alte Auffassung derselben als eines Transsudates aus den Gefässen des entzündeten und seines Epithels beraubten Darmkanals ein.

  • Alle Erscheinungen des asphyktischen Stadiums können durch den Wasserverlust des Blutes in Folge dieser Transsudation erklärt werden, ohne dass man an eine direkte Wirkung des Cholerakeimes auf den Gesammtorganismus zu denken braucht.

  • Verf. legt das Hauptgewicht darauf, dass die Transsudation in den Darm, wenn sie nicht früher durch ihre Folgeerscheinungen zum Tode geführt hat, am dritten Tage auf eine unbekannte Weise von selbst zum Stillstande kommt und erklärt es für die Hauptaufgabe der Therapie, während dieses gefahrdrohenden Stadiums den Verlust des Blutes an Wasser und Salzen zu ersetzen. Dies ist durch Infusion von Salzlösungen in die Venen schon oftmals angestrebt worden, konnte aber nicht zum Ziele führen, weil diese Operation nicht so oft vorgenommen werden kann, als durch den Darm Flüssigkeit verloren geht. Er schlägt daher vor, mittelst eines feinen, liegen gelassenen Troikars eine auf Blutwärme gebrachte Lösung von 6 Gramm Kochsalz und 1 Gramm Natr. bicarb. in 1000 Theilen destillirten Wassers so oft ins subkutane Gewebe einzuspritzen, als das Sinken des Pulses dazu auffordert. Die Einstichstelle ist am Halse zu wählen, weil daselbst Zirkulation und Resorptionam längsten sich erhalten. Auch der Zusatz von Medikamenten, wie Opium etc., zur Salzlösung, wird in Betracht gezogen.

  • Von diesem bisher nicht erprobten Verfahren erwartet Verf., dass es die Zirkulation während der Dauer der Transsudation erhalten und also den Organismus zum Ueberstehen des Choleraanfalls tüchtig machen werde.