Das Werk und die Korrespondenz von Sigmund Freud werden in dieser Edition getrennt im Werk- und Briefverzeichnis erfasst, sie sind aber über die gemeinsame Datenbank und den Register- und Anmerkungsapparat vielfach miteinander verschränkt.
Archiv: In diesem Teil der Datenbank werden die historischen Überlieferungsträger nach Möglichkeit alle als Faksimile des Originals und in diplomatischer Umschrift geführt (an deren Stelle findet sich vorerst oft noch eine OCR Fassung oder eine Transkription, die nicht ganz genau den Editionsrichtlinien folgt. Bei den wErken Im Archiv dieser Edition werden nach Möglichkeit alle Werke von Sigmund Freud mit all ihren historischen Textmanifestationen aufgenommen. Als Werke werden nicht nur seine publizierten Schriften gewertet, sondern auch alle von ihm oder posthum nicht veröffentlichten Schriften aus dem Nachlass mit berücksichtig.
Edition: Aufbauend auf die Dokumente des Archivs wird im Gefolge des Erschließungsprozesses nach festgelegten Kriterien für jedes Werk ein neu konstituierter Text erstellt, der mit einem Varianten- Register und Anmerkungsapparat versehen ist.
Statusanzeige: Es werden auch noch nicht vollständig erschlossen Werke und Korrespondenzen veröffentlicht.
Der aktuelle Bearbeitungsstand wird sowohl auf der Werks- und Korrespondenzebene, als auch für die einzelnen Manifestationen und Briefe ausgewiesen.
Zum Werk
Werkbegriff
Dieser Edition liegt ein spezifischer Werkbegriff zugrunde, wie er in den Functional Requirements for Bibliographic Recording (FRBR) definiert wird und von vier Entitäten (work, expression, manifestation, item) ausgeht. So verstanden ist ein Werk (work) eine einheitliche, intellektuelle (oder künstlerische) Schöpfung und wird editorisch auch so behandelt. Dabei ist nicht eine konkrete Version gemeint, sondern das Werk an sich – zum Beispiel die ›Illias‹ oder ›Die Traumdeutung‹. Das Werk kann in mehreren Expressionen (expressions) vorliegen, also in einer Form, die das Werk jedes Mal annimmt, wenn es eine neue Realisierung erfährt. Jede Veränderung des Inhaltes durch den Autor bildet eine neue Expression (IFLA 2006:18). Werk und Expressionen sind abstrakte Entitäten.
Manifestationen (manifestations) eines Werkes hingegen sind physische Verkörperungen eines Werkes wie etwa die 4. Auflage der ›Traumdeutung‹. „Als Entität stellt die Manifestation alle physischen Objekte dar, die sowohl im Hinblick auf den intellektuellen Inhalt als auch auf die physische Form dieselben Eigenschaften haben.“ (IFLA 2006:20) Die letzte Entität stellt das konkrete Exemplar (item) dar. Als Exemplar versteht man das einzelne Stück eines Werkes, etwa ein einzelnes, konkretes Buch, das im Archiv als Faksimile (Digitalisat) abgebildet ist.
Die ›Functional Requirements for Bibliographic Records‹ (FRBR) stellen Entitäten-Beziehungsmodell für genaue bibliografische Erfassungen zur Verfügung, wie sie von der ›International Federation of Library Associations and Institutions‹ (IFLA) beschreiben werden.1
Werkkategorien beim Druckwerk
Beim Druckwerk ist die Trennung in ein sogenanntes „voranalytisches“ und ein „psychoanalytisches“ Werk wird aufgehoben. Zum Werk zählen hier Freuds gesamtes wissenschaftliches Druckwerk aber auch Schriften, die er zusammen mit anderen AutorInnen verfasste, seine Rezensionen, Gutachten, Lexikonbeiträge, Selbstdarstellungen, Vorworte zu eigenen Schriften und zu denen anderer AutorInnen, seine Nachrufe und seine Übersetzungen von Texten anderer AutorInnen.
-001 Wissenschaftliches Werk
-021 Lexikonbeitrag
-041 Selbstdarstellung
-041 Aphorismus, Gedicht
-051 Ehrung, Festschrift
-051 Manifest, Aufruf
-051 Nachruf
-051 Anzeige, Mitteilung
-061 Vorwort [zu andern]
-061 Bericht Freuds zu
-061 Gutachten, Stellungnahme
-061 Kommentar [zu anderen]
-061 Fußnote [zu anderen]
-071 Brief, publ. bis 1939
-081 Übersetzung, Vorwort, Fußnote
-301 (-091) Interview
-201 Rezension-301 Interviews
Werkkategorien bei den Schriften aus dem Nachlass und den Miszellen
Die Schriften aus dem Nachlass und die Miszellen sind kategorial vom Druckwerk zu unterscheiden, werden aber in der digitalen Edition formal wie Werke behandelt. Sie unterscheiden sich vom Druckwerk unter anderem auch dadurch, dass sie meist nur in einer für diese historische Edition relevanten Textvariante vorliegen. Neben den dem wissenschaftlichen Werk zugeordneten Druckvorstufen finden sich hier so unterschiedliche Texte wie etwa das Notizenwerk, von Freud selbst nicht veröffentlichte Manuskripte, Ansuchen, Gutchten, Widmungen, Empfehlungen, Randbemerkungen in Büchern, Krankengeschichten, Autobibliographien, Chroniken, Listen, Kalendereinträge, Rezepte, Widmungen sowie Randbemerkungen in Büchern.
Zusätzlich werden hier auch – aus fremder Hand – Interviews, Protokolle und Berichte von Aussagen Freuds, mündlich überlieferte Texte und Berichte von Texten Freuds, deren Inhalt nicht oder nur teilweise überliefert ist, Verzeichnisse, etwa über Vorlesungen und Vorträge, die er gehalten hat, berücksichtigt. Fotos und Filmaufnahmen und Dokumente von Freud, seiner Familie und zur Institutionsgeschichte werden zwar nach der Logik der Werke aufgenommen und mit Signaturen versehen, aber nicht als Werke behandelt, sie scheinen in einem eigenen Verzeichnis auf.
Nachlass
-101 Manuskript
-111 Notiz
-141 Ansuchen, Bericht von Freud
-151 Empfehlung, Zuweisung
-151 Bestätigung, Gutachten
-161 Chronik, Liste, Kalender
-171 Widmung
-171 Randbemerkung in BuchErwähnung in BriefTexte Freud persönlich
Krankenakte (Reihung ist zu ändern, die numerischen Zusätze sind schon korrigiert-181 (>301) Rezept-181 (> 310)Patientenkalender
-321 Krankengeschichten
Von fremder Hand
-401 Protokoll (fremder Hand, nicht WPV)
-411 Bericht [fremde Hand]
- … Verzeichnis [fremde Hand]
- … Überlieferung-501 Dokumente zu Freud, auflösen in >411 Bericht fremde Hand >711: Schule
Neue Überschrift: Psychoanalytische Institutionen
-501 Protokolle der WPV
-551 Dokumente der WPV
-… Dokumente zum Verlagswesen
-… Dokumente zu psychoanalytischen Institutionen
Medien
-… Audio,
-… Video
-… Grafik
-… Fotografie
Dokumente
-701 Freud persönlich
-711 Schule, Universität, Militär
-731 Familie-… Institutionen (ersatzlos auflösen)
Briefwerk
Verweis (das sind jene Manifestationen, die im Werkverzeichnis von Meyer-Palmedo, Fichtner (1999) und Hirschmüller (2014) eine eigene Signatur haben, in dieser Edition aber als Manifestation zu einem Werk eingereiht sind.
Werkverzeichnis
Im Werkverzeichnis sind in einer primären Ordnung die von Freud zum Druckgegebenen Werke nach dem Jahr der Erstveröffentlichung gereiht. Die nicht zu Lebzeiten Freuds oder erst posthum publizierten Werke sind im Werkverzeichnis nach dem Jahr ihrer Niederschrift gelistet. Innerhalb eines Jahres sind die Werke nach Kategorien strukturiert, die – über numerischen Zusatz - die Werke innerhalb eines Jahres ordnen. Aus diesen Faktoren generiert sich die Signatur eines Werkes.
Werkbibliografie
Zu jedem Werk wird eine Werkbibliografie erstellt, in der sich bibliografische Angaben zu den historischen Überlieferungsträger finden. So werden etwa beim Druckwerk alle Textfassungen von ersten Notizen, den handschriftlichen Vorstufen gedruckter Schriften bis zur Ausgabe letzter Hand und alle historischen Übersetzungen in die Edition aufgenommen. Die Signatur der Manifestation generiert sich aus der Werksignatur und dem Erscheinungsjahr der Manifestation. Bei den Schriften aus dem Nachlass und den Miszellen findet sich oft nur eine Manifestation.
Zusätzlich zu den historischen Manifestationen wird in der Bibliografie eine Auswahl von posthum publizierten Ausgaben erfasst..
Zum Briefœuvre
Das Briefwerk umfasst alle erhaltenen Briefe, Postkarten, Ansichtskarten, Telegramme, Briefumschläge, Beilagen, usw.
Nicht nur seine wissenschaftlichen Werke, sondern auch seine Briefe weisen Freud als Schriftsteller ersten Ranges aus. Poetisch, komplex, konnotationsreich und tiefgründig in Sprache und Denken, zeugen sie – oft noch mehr als seine wissenschaftlichen Essays und Krankengeschichten – von seiner stilistischen Größe, seiner meisterhaften Sprachbeherrschung, seinem Witz und seiner beißenden Schärfe, seiner Beobachtungsgabe, aber auch seinen persönlichen Stärken und Schwächen. Selbst „noch der kleinste und unwichtigste Brief trägt den Stempel seiner Sprache und seines Denkens“ und zeigt „die Pranke des Löwen“ .
Sie sind aber nicht nur ein literarisches und zeitgeschichtliches Dokument ersten Ranges, sondern auch eine einzigartige historische Quelle nicht nur für Freuds Biografie und die der hier erwähnten Personen und Adressat:innen, die Geschichte der psychoanalytischen Bewegung, die psychoanalytische Ideengeschichte und die Entwicklung der psychoanalytischen Behandlungstechnik und deren Theorie. Zusätzlich waren sie oft auch das Medium, das Freud zur Anleitung, Analyse und Supervision von Kollegen verwendete.
Die Briefe werden damit gleichsam zu einem parallelen Œuvre und stellen, vor allem was die großen Schülerkorrespondenzen betrifft, eine unverzichtbare Ergänzung und Vervollständigung des wissenschaftlichen Werkes dar.
Durch die Aufnahme des gesamten überlieferten Briefwerkes in die Edition wird eine enge Verknüpfung des gesamten Korrespondenz Freuds mit seinem wissenschaftlichen Werk möglich, was eine ganz neue Form der Durchdringung der Texte mit sich bringt, da sich diese beiden Œuvres gegenseitig potenzieren.
Freuds Korrespondenz übertrifft in ihrem Umfang deutlich den seiner wissenschaftlichen Arbeiten: Seriöse Schätzungen aufgrund der erhaltenen Briefe, aber auch z.B. aufgrund von Listen, die Freud über seinen Briefverkehr geführt hat, gehen von 20.000 oder mehr Briefen aus, die Freud im Laufe seines Lebens geschrieben hat. Von diesen sind vielleicht 11.000 erhalten , und man geht von ungefähr 7.000 publizierten und 4.000 immer noch unpublizierten Briefen aus.2
Briefverzeichnis
In das Verzeichnis aufgenommen sind potentiell alle überlieferten Briefe, Postkarten, Ansichtskarten, Telegramme, Briefumschläge und Beilagen, die Sigmund Freud verfasst oder erhalten hat.
Das Briefverzeichnis der Edition generiert sich aus den in der Edition angelegten Faksimiles und Transkriptionen von Briefen; es konnte ergänzt werden um Briefe, die sich zusätzlich im Briefverzeichnis von Christfried Tögel finden.
Die Korrespondenzen liegen alphabetisch geordnet nach den Namen der Korrespondenzpartner:innen Freuds vor. Innerhalb einer Korrespondenzen sind die Briefe Freuds und die der jeweiligen Korrespondenzpartner:innen getrennt nach Datum gelistet.
Derzeit weist dieses Verzeichnis über 17.000 Briefe und Gegenbriefe auf, an ihm wird weiter kontinuierlich gearbeitet. Darin sind nicht nur die Briefe gelistet, die überliefert sind, sondern auch jene, von denen man weiß, aber deren Inhalt uns nicht bekannt ist, sei es, dass wir zu den Quellen keinen Zugang haben oder dass sie nicht überliefert sind.
Das Briefverzeichnis der Edition generiert sich aus den in der Edition angelegten Faksimiles und Transkriptionen von Briefen; es konnte ergänzt werden um Briefe, die sich zusätzlich im Briefverzeichnis von Christfried Tögel finden.
1IFLA / International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) (ed.) (1998). Functional Requirements for Bibliographic Records. The Hague, Netherlands and K.G. Saur Verlag, Munich, UBCIM Publications: New series; vol. 19. https://www.ifla.org/files/assets/cataloguing/frbr/frbr_2008.pdf [2022-04-26]
2Diese Textpassage (leicht modifiziert von CD) stammt aus einem ersten Expose zur Edition, das Ernst Falzeder 2012 verfasst hatte.
Christine Diercks (2014-20.1.2025)