• S.

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    Prof. Dr. Freud                                                          
    Wien, IX. Berggasse 19.

    Rudolfshof

    21.7.15

    Lieber Freund

    Sie werden sich wundern, 
    daß ich Sie jetzt so häufig mit 
    Briefen bombardire. Aber 
    es trifft sich so.

    Ich weiß, daß Sie nicht ohne 
    geheime Neigung zu 
    okkulten Dingen sind. Sie 
    erinnern sich, daß ich in 
    der Nacht vom 8/9 
    einen deutlichen Todestraum über 
    Martin gehabt habe, nach der 
    Lektüre von Putnam’s 
    Buch. Wir hatten damals am 
    4/7N achricht von ihm gehabt. 
    Dann kam lange nichts. Heute 
    kam Karte vom 11/7. Also 
    die Prophezeiung ist bereits 
    fehlgegangen. Um so grobe 

  • S.

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    Dinge handelt es sich uns wohl nicht. 
    Aber die heutige Nachricht be-
    richtet, daß er beim Zusam̄en-
    treffen mit einer russischen 
    Patrouille einen Streifschuß 
    am R Arm abbekommen, 
    der jetzt bereits heilt. Da er 
    selbst schreibt, kann es wirk-
    lich nichts ärgeres gewesen 
    sein. Er bezeichnet sich auch 
    als sehr wol. Ein Datum 
    giebt er nicht an. Ich werde 
    noch versuchen, es von ihm 
    zu erfahren. Die Überein-
    stim̄ung in der Tageszeit 
    geben wir von vorne herein 
    preis. Ich anerken̄e, daß 
    man zur Nachtzeit weit 
    sensibler sein mag. Wenn 
    er noch etwas mitteilt, 
    werde ich es Sie wissen 
    lassen.

    Herzl Gruß 
    Ihr Freud

    Anmerkung: 
    Nach dem Datum in violetter Tinte ein Fragezeichen in Klammern von anderer Hand (Ferenczis?)