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S.
Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.11.2.08
Sehr geehrter Herr College
Frau Marton habe ich heute gesehen.
Es ist eine ausgewachsene Paranoia
u wahrscheinlich jenseits der Grenze
therap Beeinflußung; doch darf man
sie behandeln u kann jedenfalls
von ihr lernen. Der begleitende
Schwager u Arzt ist ein Esel; er wird
wahrscheinlich zu irgendetwas anderem
raten, als ich vorgeschlagen. Ich verlangte,
daß sie nach Bpest in die Anstalt
ginge u dort von Ihnen behandelt
würde. Zur Unterbringug solte die
Fiktion dienen, die schon eingeleitet
war, daß der Mann der Kranke sei,
den sie mitbeobachte. Nach 2 Tagen könnte
man sagen, der Mann sei wegtrans-
portirt u hielte sie, solange es geht
beim Experiment, sich auf den Boden
ihres Wahnes zu stellen. Beein-
flußg ist natürlich nur von dem aus
möglich, nie vom Logischen her. -
S.
Theoretisch habe ich aus dem Fall gelernt,
die Bestätigg dessen, was ich wußte, daß
es sich bei diesen Formen von
Paranoia um die Lösung der Libido
von der homosex Componente handelt.
Alle die Frauen, mit denen sie
ihren Mann verdächtigt, gefallen
eigentlich ihr in Folge juveniler
homosex Fixirung. Sie sträubt sich
gegen dieses Gefallen u projizirt es
auf den Mann; ihre Lib für den Man̄
ist durch die Ablösg vom Weib ver-
stärkt. Mittels der Eifersucht realisirt
sie dann am Man̄ ihr Jugendideal
von unerhörter Potenz uswIhre Beschäftigg mit Rätseln
hat mich sehr gefreut. Sie wissen,
das Rätsel annoncirt alle die
Techniken, welche der Witz versteckt.
Eine Parallelstudie wäre in der That
lehrreich. Auf die aesthet Abwege
wie im Weg ist mir noch niemand
nachgegangen.Mit herzlichem Gruß
Ihr FreudAnmerkung CD:
Weg: In: Brabant, Eva; Falzeder, Ernst; Giamperi-Deutsch, Patrizia (Hg.): Sigmund Freud / Sandor Ferenczi Briefwechsel. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1993-2005. 1993 in Band I/1 (1908 –1911)
wird statt "Weg der Begriff "Witz" eingesetzt, was mit einer Anmerkung versehen wurde.Anmerkungen aus: Brabant, Eva; Falzeder, Ernst; Giamperi-Deutsch, Patrizia (Hg.): Sigmund Freud / Sandor Ferenczi Briefwechsel. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1993-2005. 1993 in Band I/1 (1908 –1911)
Paranoia, Projektion: Freud hatte die Rolle der Projektion bei der Paranoia schon 1896 (›Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen‹ [1896b]) hervorgehoben. Zur selben Zeit war das Problem der Paranoia ein zentrales Thema in Freuds Korrespondenz mit Jung.
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