• S.

    Dr. Sigm. Freud
    Docent für Nervenkrankheiten
    a. d. Universität.

    Wien, 16. 1. 1902
    IX., Berggasse 19.

    Liebe Emma

    Wir wären noch mehr ergriffen als wir
    sind wenn wir nicht 1) wiederholt
    unter einander den Verdacht ausge-
    sprochen hätten, 2). an tiefere Heilung
    bei frühzeitiger Behandlg glaubten. 
    Wissen Sie, daß Sie Ihren Brief mit
    einer 10 fl Marke ausgestattet haben
    u daß diese scheinbare Zerstreutheit
    etwas bedeutet?  Verschwendg vielleicht,
    vor Allem aber Ihren Wunsch, nicht
    in Wien zu bleiben; Annäherung
    wenigstens an die 25c Marke von
    Davos aus. Im Ernst, wollen Sie
    nicht mit ihm gehen?  Der Wintersport
    u das Leben fern vom Hause mit
    einem lieben Kerl wie Gustav
    wird Ihnen sicherlich wol thun.

  • S.

    Wenden Sie nicht Kosten ein; von allen
    Aberglauben ist der sparende der
    düm̄ste.

    Den Kindern (Ernst u Anna) geht es
    bisher recht gut, die Erkrankg war
    bisher von der leichtesten Art.

    Den anderen geht es natürlich noch
    viel besser, da sie nicht in die Schule
    zu gehen brauchen. Minna ist noch
    sehr wechselnd, doch zeitweilig im
    entschiedenen Fortschreiten. Sie hat
    gestern u vorgestern telephonische
    Verbindg mit Ihnen vergebens
    gesucht.

    In der Erwartg bald von Ihnen
    u Ihren Entschließgen Günstiges
    zu hören
    Herzlich Ihr
    Dr Freud