Die Verdrängung 1915-004/1924.2
1915-004/1924.2 Die Verdrängung
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    DIE VERDRÄNGUNG

    Es kann das Schicksal einer Triebregung werden, daß sie auf 
    Widerstände stößt, welche sie unwirksam machen wollen. Unter 
    Bedingungen, deren nähere Untersuchung uns bevorsteht, gelangt 
    sie dann in den Zustand der Verdrängung. Handelte es sich 
    um die Wirkung eines äußeren Reizes, so wäre offenbar die 
    Flucht das geeignete Mittel. Im Falle des Triebes kann die Flucht 
    nichts nützen, denn das Ich kann sich nicht selbst entfliehen. 
    Später einmal wird in der Urteilsverwerfung (Verurteilung
    ein gutes Mittel gegen die Triebregung gefunden werden. Eine 
    Vorstufe der Verurteilung, ein Mittelding zwischen Flucht und 
    Verurteilung ist die Verdrängung, deren Begriff in der Zeit vor 
    den psychoanalytischen Studien nicht aufgestellt werden konnte.

    Die Möglichkeit einer Verdrängung ist theoretisch nicht leicht 
    abzuleiten. Warum sollte eine Triebregung einem solchen Schick-
    sal verfallen? Offenbar muß hier die Bedingung erfüllt sein, daß 
    die Erreichung des Triebzieles Unlust an Stelle von Lust be-
    reitet. Aber dieser Fall ist nicht gut denkbar. Solche Triebe gibt 
    es nicht, eine Triebbefriedigung ist immer lustvoll. Es müßten 
    besondere Verhältnisse anzunehmen sein, irgendein Vorgang, 
    durch den die Befriedigungslust in Unlust verwandelt wird.

    Wir können zur besseren Abgrenzung der Verdrängung einige 
    andere Triebsituationen in Erörterung ziehen. Es kann vor-
    kommen, daß sich ein äußerer Reiz, z. B. dadurch, daß er ein 
    Organ anätzt und zerstört, verinnerlicht und so eine neue Quelle

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    beständiger Erregung und Spannungsvermehrung ergibt. Er er-
    wirbt damit eine weitgehende Ähnlichkeit mit einem Trieb. 
    Wir wissen, daß wir diesen Fall als Schmerz empfinden. Das 
    Ziel dieses Pseudotriebes ist aber nur das Aufhören der Organ-
    veränderung und der mit ihr verbundenen Unlust. Andere, direkte 
    Lust kann aus dem Aufhören des Schmerzes nicht gewonnen 
    werden. Der Schmerz ist auch imperativ; er unterliegt nur noch 
    der Einwirkung einer toxischen Aufhebung und der Beein-
    flussung durch psychische Ablenkung.

    Der Fall des Schmerzes ist zu wenig durchsichtig, um etwas 
    für unsere Absicht zu leisten. Nehmen wir den Fall, daß ein 
    Triebreiz wie der Hunger unbefriedigt bleibt. Er wird dann 
    imperativ, ist durch nichts anderes als durch die Befriedigungs-
    aktion zu beschwichtigen, unterhält eine beständige Bedürfnis-
    spannung. Etwas wie eine Verdrängung scheint hier auf lange 
    hinaus nicht in Betracht zu kommen.

    Der Fall der Verdrängung ist also gewiß nicht gegeben, wenn 
    die Spannung infolge von Unbefriedigung einer Triebregung 
    unerträglich groß wird. Was dem Organismus an Abwehrmitteln 
    gegen diese Situation gegeben ist, muß in anderem Zusammen-
    hang erörtert werden.

    Halten wir uns lieber an die klinische Erfahrung, wie sie uns 
    in der psychoanalytischen Praxis entgegentritt. Dann werden 
    wir belehrt, daß die Befriedigung des der Verdrängung unter-
    liegenden Triebes wohl möglich und daß sie auch jedesmal an 
    sich lustvoll wäre, aber sie wäre mit anderen Ansprüchen und 
    Vorsätzen unvereinbar; sie würde also Lust an der einen, Unlust 
    an anderer Stelle erzeugen. Zur Bedingung der Verdrängung ist 
    dann geworden, daß das Unlustmotiv eine stärkere Macht ge-
    winnt als die Befriedigungslust. Wir werden ferner durch die 
    psychoanalytische Erfahrung an den Übertragungsneurosen zu 
    dem Schluß genötigt, daß die Verdrängung kein ursprünglich 
    vorhandener Abwehrmechanismus ist, daß sie nicht eher entstehen

     

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    kann, als bis sich eine scharfe Sonderung von bewußter 
    und unbewußter Seelentätigkeit hergestellt hat, und daß ihr 
    Wesen nur in der Abweisung und Fernhaltung vom Be-
    wußten besteht. Diese Auffassung der Verdrängung würde 
    durch die Annahme ergänzt werden, daß vor solcher Stufe der 
    seelischen Organisation die anderen Triebschicksale, wie die Ver-
    wandlung ins Gegenteil, die Wendung gegen die eigene Person, 
    die Aufgabe der Abwehr von Triebregungen bewältigen.

    Wir meinen jetzt auch, Verdrängung und Unbewußtes seien 
    in so großem Ausmaße korrelativ, daß wir die Vertiefung in 
    das Wesen der Verdrängung aufschieben müssen, bis wir mehr 
    von dem Aufbau des psychischen Instanzenzuges und der Differen-
    zierung von Unbewußt und Bewußt erfahren haben. Vorher 
    können wir nur noch einige klinisch erkannte Charaktere der 
    Verdrängung in rein deskriptiver Weise zusammenstellen, auf die 
    Gefahr hin, vieles anderwärts Gesagte ungeändert zu wiederholen.

    Wir haben also Grund, eine Urverdrängung anzunehmen, 
    eine erste Phase der Verdrängung, die darin besteht, daß der 
    psychischen (Vorstellungs‑)Repräsentanz des Triebes die Über-
    nahme ins Bewußte versagt wird. Mit dieser ist eine Fixierung 
    gegeben; die betreffende Repräsentanz bleibt von da an unver-
    änderlich bestehen und der Trieb an sie gebunden. Dies geschieht 
    infolge der später zu besprechenden Eigenschaften unbewußter 
    Vorgänge.

    Die zweite Stufe der Verdrängung, die eigentliche Ver-
    drängung, betrifft psychische Abkömmlinge der verdrängten 
    Repräsentanz oder solche Gedankenzüge, die, anderswoher stam-
    mend, in assoziative Beziehung zu ihr geraten sind. Wegen dieser 
    Beziehung erfahren diese Vorstellungen dasselbe Schicksal wie 
    das Urverdrängte. Die eigentliche Verdrängung ist also ein Nach-
    drängen. Man tut übrigens unrecht, wenn man nur die Ab-
    stoßung hervorhebt, die vom Bewußten her auf das zu Verdrän-
    gende wirkt. Es kommt ebensosehr die Anziehung in Betracht,

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    welche das Urverdrängte auf alles ausübt, womit es sich in Ver-
    bindung setzen kann. Wahrscheinlich würde die Verdrängungs-
    tendenz ihre Absicht nicht erreichen, wenn diese Kräfte nicht 
    zusammenwirkten, wenn es nicht ein vorher Verdrängtes gäbe, 
    welches das vom Bewußten Abgestoßene aufzunehmen bereit wäre.
     
    Unter dem Einfluß des Studiums der Psychoneurosen, welches 
    uns die bedeutsamen Wirkungen der Verdrängung vorführt, 
    werden wir geneigt, deren psychologischen Inhalt zu über-
    schätzen, und vergessen zu leicht, daß die Verdrängung die 
    Triebrepräsentanz nicht daran hindert, im Unbewußten fortzu-
    bestehen, sich weiter zu organisieren, Abkömmlinge zu bilden 
    und Verbindungen anzuknüpfen. Die Verdrängung stört wirklich 
    nur die Beziehung zu einem psychischen System, dem des Be-
    wußten.

    Die Psychoanalyse kann uns noch anderes zeigen, was für 
    das Verständnis der Wirkungen der Verdrängung bei den Psycho-
    neurosen bedeutsam ist. Z. B., daß die Triebrepräsentanz sich 
    ungestörter und reichhaltiger entwickelt, wenn sie durch die 
    Verdrängung dem bewußten Einfluß entzogen ist. Sie wuchert 
    dann sozusagen im Dunkeln und findet extreme Ausdrucks-
    formen, welche, wenn sie dem Neurotiker übersetzt und vor-
    gehalten werden, ihm nicht nur fremd erscheinen müssen, sondern 
    ihn auch durch die Vorspiegelung einer außerordentlichen und 
    gefährlichen Triebstärke schrecken. Diese täuschende Triebstärke 
    ist das Ergebnis einer ungehemmten Entfaltung in der Phantasie 
    und der Aufstauung infolge versagter Befriedigung. Daß dieser 
    letztere Erfolg an die Verdrängung geknüpft ist, weist darauf 
    hin, worin wir ihre eigentliche Bedeutung zu suchen haben.

    Indem wir aber noch zur Gegenansicht zurückkehren, stellen 
    wir fest, es sei nicht einmal richtig, daß die Verdrängung alle 
    Abkömmlinge des Urverdrängten vom Bewußten abhalte. Wenn 
    sich diese weit genug von der verdrängten Repräsentanz entfernt

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    haben, sei es durch Annahme von Entstellungen oder durch die 
    Anzahl der eingeschobenen Mittelglieder, so steht ihnen der Zu-
    gang zum Bewußten ohne weiteres frei. Es ist, als ob der Wider-
    stand des Bewußten gegen sie eine Funktion ihrer Entfernung 
    vom ursprünglich Verdrängten wäre. Während der Ausübung der 
    psychoanalytischen Technik fordern wir den Patienten unausgesetzt 
    dazu auf, solche Abkömmlinge des Verdrängten zu produzieren, 
    die infolge ihrer Entfernung oder Entstellung die Zensur des 
    Bewußten passieren können. Nichts anderes sind ja die Einfälle, 
    die wir unter Verzicht auf alle bewußten Zielvorstellungen und 
    alle Kritik von ihm verlangen und aus denen wir eine bewußte 
    Übersetzung der verdrängten Repräsentanz wiederherstellen. Wir 
    beobachten dabei, daß der Patient eine solche Einfallsreihe fort-
    spinnen kann, bis er in ihrem Ablauf auf eine Gedankenbildung 
    stößt, bei welcher die Beziehung zum Verdrängten so intensiv 
    durchwirkt, daß er seinen Verdrängungsversuch wiederholen muß. 
    Auch die neurotischen Symptome müssen der obigen Bedingung 
    genügt haben, denn sie sind Abkömmlinge des Verdrängten, 
    welches sich mittels dieser Bildungen den ihm versagten Zugang 
    zum Bewußtsein endlich erkämpft hat.

    Wie weit die Entstellung und Entfernung vom Verdrängten 
    gehen muß, bis der Widerstand des Bewußten aufgehoben ist, 
    läßt sich allgemein nicht angeben. Es findet dabei eine feine 
    Abwägung statt, deren Spiel uns verdeckt ist, deren Wirkungs-
    weise uns aber erraten läßt, es handle sich darum, vor einer 
    bestimmten Intensität der Besetzung des Unbewußten haltzumachen, 
    mit deren Überschreitung es zur Befriedigung durchdringen würde. 
    Die Verdrängung arbeitet also höchst individuell; jeder einzelne 
    Abkömmling des Verdrängten kann sein besonderes Schicksal 
    haben; ein wenig mehr oder weniger von Entstellung macht, 
    daß der ganze Erfolg umschlägt. In demselben Zusammenhang ist 
    auch zu begreifen, daß die bevorzugten Objekte der Menschen, 
    ihre Ideale, aus denselben Wahrnehmungen und Erlebnissen

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    stammen wie die von ihnen am meisten verabscheuten, und sich 
    ursprünglich nur durch geringe Modifikationen voneinander unter-
    scheiden. Ja, es kann, wie wir’s bei der Entstehung des Fetisch 
    gefunden haben, die ursprüngliche Triebrepräsentanz in zwei 
    Stücke zerlegt worden sein, von denen das eine der Verdrängung 
    verfiel, während der Rest, gerade wegen dieser innigen Ver-
    knüpftheit, das Schicksal der Idealisierung erfuhr.

    Dasselbe, was ein Mehr oder Weniger an Entstellung leistet, 
    kann auch sozusagen am anderen Ende des Apparates durch eine 
    Modifikation in den Bedingungen der Lust‑Unlustproduktion erzielt 
    werden. Es sind besondere Techniken ausgebildet worden, deren 
    Absicht dahin geht, solche Veränderungen des psychischen Kräfte-
    spieles herbeizuführen, daß dasselbe, was sonst Unlust erzeugt, 
    auch einmal lustbringend wird, und sooft solch ein technisches 
    Mittel in Aktion tritt, wird die Verdrängung für eine sonst ab-
    gewiesene Triebrepräsentanz aufgehoben. Diese Techniken sind 
    bisher nur für den Witz genauer verfolgt worden. In der Regel 
    ist die Aufhebung der Verdrängung nur eine vorübergehende; 
    sie wird alsbald wiederhergestellt.

    Erfahrungen dieser Art reichen aber hin, uns auf weitere 
    Charaktere der Verdrängung aufmerksam zu machen. Sie ist nicht 
    nur, wie eben ausgeführt, individuell, sondern auch im hohen 
    Grade mobil. Man darf sich den Verdrängungsvorgang nicht wie 
    ein einmaliges Geschehen mit Dauererfolg vorstellen, etwa wie 
    wenn man etwas Lebendes erschlagen hat, was von da an tot 
    ist; sondern die Verdrängung erfordert einen anhaltenden Kraft-
    aufwand, mit dessen Unterlassung ihr Erfolg in Frage gestellt 
    wäre, so daß ein neuerlicher Verdrängungsakt notwendig würde. 
    Wir dürfen uns vorstellen, daß das Verdrängte einen kontinuierlichen 
    Druck in der Richtung zum Bewußten hin ausübt, dem durch 
    unausgesetzten Gegendruck das Gleichgewicht gehalten werden 
    muß. Die Erhaltung einer Verdrängung setzt also eine beständige 
    Kraftausgabe voraus, und ihre Aufhebung bedeutet ökonomisch

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    eine Ersparung. Die Mobilität der Verdrängung findet übrigens 
    auch einen Ausdruck in den psychischen Charakteren des Schlaf-
    zustandes, welcher allein die Traumbildung ermöglicht. Mit dem 
    Erwachen werden die eingezogenen Verdrängungsbesetzungen 
    wieder ausgeschickt.

    Wir dürfen endlich nicht vergessen, daß wir von einer Trieb-
    regung erst sehr wenig ausgesagt haben, wenn wir feststellen, 
    sie sei eine verdrängte. Sie kann sich unbeschadet der Verdrängung 
    in sehr verschiedenen Zuständen befinden, inaktiv sein, d. h. sehr 
    wenig mit psychischer Energie besetzt, oder in wechselndem 
    Grade besetzt und damit zur Aktivität befähigt. Ihre Aktivierung 
    wird zwar nicht die Folge haben, daß sie die Verdrängung direkt 
    aufhebt, wohl aber alle die Vorgänge anregen, welche mit dem 
    Durchdringen zum Bewußtsein auf Umwegen einen Abschluß 
    finden. Bei unverdrängten Abkömmlingen des Unbewußten ent-
    scheidet oft das Ausmaß der Aktivierung oder Besetzung über das 
    Schicksal der einzelnen Vorstellung. Es ist ein alltägliches Vor-
    kommnis, daß ein solcher Abkömmling unverdrängt bleibt, solange 
    er eine geringe Energie repräsentiert, obwohl sein Inhalt geeignet 
    wäre, einen Konflikt mit dem bewußt Herrschenden zu ergeben. 
    Das quantitative Moment zeigt sich aber als entscheidend für den 
    Konflikt; sobald die im Grunde anstößige Vorstellung sich über 
    ein gewisses Maß verstärkt, wird der Konflikt aktuell und gerade 
    die Aktivierung zieht die Verdrängung nach sich. Zunahme der 
    Energiebesetzung wirkt also in Sachen der Verdrängung gleichsinnig 
    wie Annäherung an das Unbewußte, Abnahme derselben wie Ent-
    fernung davon oder Entstellung. Wir verstehen, daß die ver-
    drängenden Tendenzen in der Abschwächung des Unliebsamen 
    einen Ersatz für dessen Verdrängung finden können.

    In den bisherigen Erörterungen behandelten wir die Ver-
    drängung einer Triebrepräsentanz und verstanden unter einer 
    solchen eine Vorstellung oder Vorstellungsgruppe, welche vom 
    Trieb her mit einem bestimmten Betrag von psychischer Energie

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    (Libido, Interesse) besetzt ist. Die klinische Beobachtung nötigt 
    uns nun zu zerlegen, was wir bisher einheitlich aufgefaßt hatten, 
    denn sie zeigt uns, daß etwas anderes, was den Trieb repräsentiert, 
    neben der Vorstellung in Betracht kommt und daß dieses andere 
    ein Verdrängungsschicksal erfährt, welches von dem der Vor-
    stellung ganz verschieden sein kann. Für dieses andere Element 
    der psychischen Repräsentanz hat sich der Name Affektbetrag 
    eingebürgert; es entspricht dem Triebe, insofern er sich von der 
    Vorstellung abgelöst hat und einen seiner Quantität gemäßen 
    Ausdruck in Vorgängen findet, welche als Affekte der Empfindung 
    bemerkbar werden. Wir werden von nun an, wenn wir einen 
    Fall von Verdrängung beschreiben, gesondert verfolgen müssen, 
    was durch die Verdrängung aus der Vorstellung und was aus 
    der an ihr haftenden Triebenergie geworden ist.

    Gern würden wir über beiderlei Schicksale etwas allgemeines 
    aussagen wollen. Dies wird uns auch nach einiger Orientierung 
    möglich. Das allgemeine Schicksal der den Trieb repräsentieren-
    den Vorstellung kann nicht leicht etwas anderes sein, als daß sie 
    aus dem Bewußten verschwindet, wenn sie früher bewußt war, 
    oder vom Bewußtsein abgehalten wird, wenn sie im Begriffe 
    war, bewußt zu werden. Der Unterschied ist nicht mehr bedeut-
    sam; er kommt etwa darauf hinaus, ob ich einen unliebsamen 
    Gast aus meinem Salon hinausbefördere oder aus meinem Vor-
    zimmer oder ihn, nachdem ich ihn erkannt habe, überhaupt 
    nicht über die Schwelle der Wohnungstür treten lasse.1  Das 
    Schicksal des quantitativen Faktors der Triebrepräsentanz kann 
    ein dreifaches sein, wie uns eine flüchtige Übersicht über die in 
    der Psychoanalyse gemachten Erfahrungen lehrt: Der Trieb wird 
    entweder ganz unterdrückt, so daß man nichts von ihm auffindet,

    1)Dieses für den Verdrängungsvorgang brauchbare Gleichnis kann auch über 
    einen früher erwähnten Charakter der Verdrängung ausgedehnt werden. Ich brauche 
    nur hinzuzufügen, daß ich die dem Gast verbotene Tür durch einen ständigen 
    Wächter bewachen lassen muß, weil der Abgewiesene sie sonst aufsprengen würde. (S. o.)

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    oder er kommt als irgendwie qualitativ gefärbter Affekt 
    zum Vorschein, oder er wird in Angst verwandelt. Die beiden 
    letzteren Möglichkeiten stellen uns die Aufgabe, die Umsetzung 
    der psychischen Energien der Triebe in Affekte und ganz be-
    sonders in Angst als neues Triebschicksal ins Auge zu fassen.

    Wir erinnern uns, daß Motiv und Absicht der Verdrängung 
    nichts anderes als die Vermeidung von Unlust war. Daraus folgt, 
    daß das Schicksal des Affektbetrags der Repräsentanz bei weitem 
    wichtiger ist als das der Vorstellung und daß dies über die Be-
    urteilung des Verdrängungsvorganges entscheidet. Gelingt es einer 
    Verdrängung nicht, die Entstehung von Unlustempfindungen oder 
    Angst zu verhüten, so dürfen wir sagen, sie sei mißglückt, 
    wenngleich sie ihr Ziel an dem Vorstellungsanteil erreicht haben 
    mag. Natürlich wird die mißglückte Verdrängung mehr Anspruch 
    auf unser Interesse erheben als die etwa geglückte, die sich zu-
    meist unserem Studium entziehen wird.

    Wir wollen nun Einblick in den Mechanismus des Verdrän-
    gungsvorganges gewinnen und vor allem wissen, ob es nur 
    einen einzigen Mechanismus der Verdrängung gibt oder mehrere, 
    und ob vielleicht jede der Psychoneurosen durch einen ihr eigen-
    tümlichen Mechanismus der Verdrängung ausgezeichnet ist. Zu 
    Beginn dieser Untersuchung stoßen wir aber auf Komplikationen. 
    Der Mechanismus einer Verdrängung wird uns nur zugänglich, 
    wenn wir aus den Erfolgen der Verdrängung auf ihn zurück-
    schließen. Beschränken wir die Beobachtung auf die Erfolge an 
    dem Vorstellungsanteil der Repräsentanz, so erfahren wir, daß 
    die Verdrängung in der Regel eine Ersatzbildung schafft. 
    Welches ist nun der Mechanismus einer solchen Ersatzbildung, 
    oder gibt es hier auch mehrere Mechanismen zu unterscheiden? 
    Wir wissen auch, daß die Verdrängung Symptome hinterläßt. 
    Dürfen wir nun Ersatzbildung und Symptombildung zusammen-
    fallen lassen, und wenn dies im ganzen angeht, deckt sich der 
    Mechanismus der Symptombildung mit dem der Verdrängung? 

     

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    Die vorläufige Wahrscheinlichkeit scheint dafür zu sprechen, daß 
    beide weit auseinandergehen, daß es nicht die Verdrängung selbst 
    ist, welche Ersatzbildungen und Symptome schafft, sondern daß 
    diese letzteren als Anzeichen einer Wiederkehr des Verdrängten 
    ganz anderen Vorgängen ihr Entstehen verdanken. Es scheint 
    sich auch zu empfehlen, daß man die Mechanismen der Ersatz- 
    und Symptombildung vor denen der Verdrängung in Untersuchung ziehe.

    Es ist klar, daß die Spekulation hier weiter nichts zu suchen 
    hat, sondern durch die sorgfältige Analyse der bei den einzelnen 
    Neurosen zu beobachtenden Erfolge der Verdrängung abgelöst 
    werden muß. Ich muß aber den Vorschlag machen, auch diese 
    Arbeit aufzuschieben, bis wir uns verläßliche Vorstellungen über 
    das Verhältnis des Bewußten zum Unbewußten gebildet haben. 
    Nur um die vorliegende Erörterung nicht ganz unfruchtbar 
    ausgehen zu lassen, will ich vorwegnehmen, daß 1. der Mecha-
    nismus der Verdrängung tatsächlich nicht mit dem oder den 
    Mechanismen der Ersatzbildung zusammenfällt, 2. daß es sehr 
    verschiedene Mechanismen der Ersatzbildung gibt, und 3. daß 
    den Mechanismen der Verdrängung wenigstens eines gemeinsam 
    ist, die Entziehung der Energiebesetzung (oder Libido
    wenn wir von Sexualtrieben handeln).

    Ich will auch unter Einschränkung auf die drei bekanntesten 
    Psychoneurosen an einigen Beispielen zeigen, wie die hier ein-
    geführten Begriffe auf das Studium der Verdrängung Anwendung 
    finden. Von der Angsthysterie werde ich das gut analysierte 
    Beispiel einer Tierphobie wählen. Die der Verdrängung unter-
    liegende Triebregung ist eine libidinöse Einstellung zum Vater, 
    gepaart mit der Angst vor demselben. Nach der Verdrängung 
    ist diese Regung aus dem Bewußtsein geschwunden, der Vater 
    kommt als Objekt der Libido nicht darin vor. Als Ersatz findet 
    sich an analoger Stelle ein Tier, das sich mehr oder weniger gut 
    zum Angstobjekt eignet. Die Ersatzbildung des Vorstellungsanteiles

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    hat sich auf dem Wege der Verschiebung längs eines in 
    bestimmter Weise determinierten Zusammenhanges hergestellt. 
    Der quantitative Anteil ist nicht verschwunden, sondern hat sich 
    in Angst umgesetzt. Das Ergebnis ist eine Angst vor dem Wolf 
    an Stelle eines Liebesanspruches an den Vater. Natürlich reichen 
    die hier verwendeten Kategorien nicht aus, um den Erklärungs-
    ansprüchen auch nur des einfachsten Falles von Psychoneurose 
    zu genügen. Es kommen immer noch andere Gesichtspunkte in 
    Betracht.

    Eine solche Verdrängung wie im Falle der Tierphobie darf 
    als eine gründlich mißglückte bezeichnet werden. Das Werk der 
    Verdrängung besteht nur in der Beseitigung und Ersetzung der 
    Vorstellung, die Unlustersparnis ist überhaupt nicht gelungen. 
    Deshalb ruht die Arbeit der Neurose auch nicht, sondern setzt 
    sich in einem zweiten Tempo fort, um ihr nächstes, wichtigeres 
    Ziel zu erreichen. Es kommt zur Bildung eines Fluchtversuches, 
    der eigentlichen Phobie, einer Anzahl von Vermeidungen, welche 
    die Angstentbindung ausschließen sollen. Durch welchen Mecha-
    nismus die Phobie ans Ziel gelangt, können wir in einer spezielleren 
    Untersuchung verstehen lernen.

    Zu einer ganz anderen Würdigung des Verdrängungsvorganges 
    nötigt uns das Bild der echten Konversionshysterie. Hier ist 
    das Hervorstechende, daß es gelingen kann, den Affektbetrag zum 
    völligen Verschwinden zu bringen. Der Kranke zeigt dann gegen 
    seine Symptome das Verhalten, welches Charcotla belle indif-
    férence des hystériques“ genannt hat. Andere Male gelingt diese 
    Unterdrückung nicht so vollständig, ein Anteil peinlicher Sensa-
    tionen knüpft sich an die Symptome selbst, oder ein Stück Angst-
    entbindung hat sich nicht vermeiden lassen, das seinerseits den 
    Mechanismus der Phobiebildung ins Werk setzt. Der Vorstellungs-
    inhalt der Triebrepräsentanz ist dem Bewußtsein gründlich ent-
    zogen; als Ersatzbildung – und gleichzeitig als Symptom – 
    findet sich eine überstarke – in den vorbildlichen Fällen somatische –

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    Innervation, bald sensorischer, bald motorischer Natur, 
    entweder als Erregung oder als Hemmung. Die überinnervierte 
    Stelle erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Stück der 
    verdrängten Triebrepräsentanz selbst, welches wie durch Ver-
    dichtung die gesamte Besetzung auf sich gezogen hat. Natürlich 
    decken auch diese Bemerkungen den Mechanismus einer Konver-
    sionshysterie nicht restlos auf; vor allem ist noch das Moment der 
    Regression hinzuzufügen, das in anderem Zusammenhang ge-
    würdigt werden soll.

    Die Verdrängung der Hysterie kann als völlig mißglückt be-
    urteilt werden, insofern sie nur durch ausgiebige Ersatzbildungen 
    ermöglicht worden ist; mit Bezug auf die Erledigung des Affekt-
    betrages, die eigentliche Aufgabe der Verdrängung, bedeutet sie 
    aber in der Regel einen vollen Erfolg. Der Verdrängungsvorgang 
    der Konversionshysterie ist dann auch mit der Symptombildung 
    abgeschlossen und braucht sich nicht wie bei Angsthysterie zwei-
    zeitig – oder eigentlich unbegrenzt – fortzusetzen.

    Ein ganz anderes Ansehen zeigt die Verdrängung wieder bei 
    der dritten Affektion, die wir zu dieser Vergleichung heran-
    ziehen, bei der Zwangsneurose. Hier gerät man zuerst in 
    Zweifel, was man als die der Verdrängung unterliegende Reprä-
    sentanz anzusehen hat, eine libidinöse oder eine feindselige 
    Strebung. Die Unsicherheit rührt daher, daß die Zwangsneurose 
    auf der Voraussetzung einer Regression ruht, durch welche eine 
    sadistische Strebung an die Stelle der zärtlichen getreten ist. 
    Dieser feindselige Impuls gegen eine geliebte Person ist es, 
    welcher der Verdrängung unterliegt. Der Effekt ist in einer 
    ersten Phase der Verdrängungsarbeit ein ganz anderer als später. 
    Zunächst hat diese vollen Erfolg, der Vorstellungsinhalt wird ab-
    gewiesen und der Affekt zum Verschwinden gebracht. Als Er-
    satzbildung findet sich eine Ichveränderung, die Steigerung der 
    Gewissenhaftigkeit, die man nicht gut ein Symptom heißen kann. 
    Ersatz‑ und Symptombildung fallen hier auseinander. Hier erfährt

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    man auch etwas über den Mechanismus der Verdrängung. Diese 
    hat wie überall eine Libidoentziehung zustande gebracht, aber 
    sich zu diesem Zwecke der Reaktionsbildung durch Ver-
    stärkung eines Gegensatzes bedient. Die Ersatzbildung hat also 
    hier denselben Mechanismus wie die Verdrängung und fällt im 
    Grunde mit ihr zusammen, sie trennt sich aber zeitlich, wie be-
    grifflich, von der Symptombildung. Es ist sehr wahrscheinlich, 
    daß das Ambivalenzverhältnis, in welches der zu verdrängende 
    sadistische Impuls eingetragen ist, den ganzen Vorgang ermöglicht.

    Die anfänglich gute Verdrängung hält aber nicht stand, im 
    weiteren Verlaufe drängt sich das Mißglücken der Verdrängung 
    immer mehr vor. Die Ambivalenz, welche die Verdrängung 
    durch Reaktionsbildung gestattet hat, ist auch die Stelle, an 
    welcher dem Verdrängten die Wiederkehr gelingt. Der ver-
    schwundene Affekt kommt in der Verwandlung zur sozialen 
    Angst, Gewissensangst, Vorwurf ohne Ersparnis wieder, die ab-
    gewiesene Vorstellung ersetzt sich durch Verschiebungsersatz
    oft durch Verschiebung auf Kleinstes, Indifferentes, Eine Tendenz 
    zur intakten Herstellung der verdrängten Vorstellung ist meist 
    unverkennbar. Das Mißglücken in der Verdrängung des quanti-
    tativen, affektiven Faktors bringt denselben Mechanismus der 
    Flucht durch Vermeidungen und Verbote ins Spiel, den wir bei 
    der Bildung der hysterischen Phobie kennengelernt haben. Die 
    Abweisung der Vorstellung vom Bewußten wird aber hartnäckig 
    festgehalten, weil mit ihr die Abhaltung von der Aktion, die 
    motorische Fesselung des Impulses, gegeben ist. So läuft die 
    Verdrängungsarbeit der Zwangsneurose in ein erfolgloses und unab-
    schließbares Ringen aus.Aus der kleinen, hier vorgebrachten Vergleichsreihe kann man 
    sich die Überzeugung holen, daß es noch umfassender Unter-
    suchungen bedarf, ehe man hoffen kann, die mit der Verdrän-
    gung und neurotischen Symptombildung zusammenhängenden Vor-
    gänge zu durchschauen. Die außerordentliche Verschlungenheit

  • S.

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    aller in Betracht kommenden Momente läßt uns nur einen 
    Weg zur Darstellung frei. Wir müssen bald den einen, bald den 
    anderen Gesichtspunkt herausgreifen und ihn durch das Material 
    hindurchverfolgen, solange seine Anwendung etwas zu leisten 
    scheint. Jede einzelne dieser Bearbeitungen wird an sich unvoll-
    ständig sein und dort Unklarheiten nicht vermeiden können, wo 
    sie an das noch nicht Bearbeitete anrührt; wir dürfen aber 
    hoffen, daß sich aus der endlichen Zusammensetzung ein gutes 
    Verständnis ergeben wird.