-
S.
22. 2. 09
Dear Dr Brill
Vor mir liegen zwei Briefe zur Beantwortung,
Ihrer u der letzte von Jones, der eine klar
u ehrlich, der andere dunkel u diplomatisch,
mit Ihrer Hilfe leicht zu deuten. J. ist ein
sonderbarer Mensch. Als er in München war,
schlug Jung plötzlich Lärm u machte sich Sorgen
um seinen Abfall. Ich tröstete ihn, Jones würde
eher Kraepelin als uns zum Besten halten.
Auch jetzt, wiewol ich jedes Ihrer Worte glauben
muß, kann ich Verrat von seiner Seite
nicht annehmen. Es wäre zu furchtbar ungeschickt,
mit Ihnen u Ihrer Frau so offen zu sprechen,
wo er doch denken kann, daß wir in brief-
lichem Verkehr stehen u Sie mir alles berichten
können. Ich meine eher, er hat eine angeborene
Neigung für Intriguen u krumme, diplomatische
Wege u gibt ihr auf spielerische Art nach,
ist aber natürlich nicht entfernt so satanisch,
wie er von sich prahlt. Ich habe ihm alle meine
Bedenken gegen Prince mitgetheilt u nun
im Gegentheil ihn zur Vorsicht gegen dessen
schöne Worte gemahnt, im übrigen auch ausge-
sprochen, daß ich recht ungeduldig bin, durch
Ihre Übersetzungen selbst zu Wort zu kom̄en
u daß ich von der ganzen diplomatischen
Kunst wenig halte. Ohne Widerstand geht
es nicht, gewiss auch nicht in Amerika. -
S.
Sein persönlicher Verkehr mit den leitenden
Männern des Faches mag in gewisser Hin-
sicht sehr nützlich sein, aber lassen Sie sich
durch ihn nicht von den Übersetzungen abhalten
nachdem Ihre Artikelserie bei M. Prince
wie ich annehme, durch seine Weigerung er-
ledigt ist.Hier hat der junge Maeder eine ganz prächtige
Darstellung in franz. Sprache für das Coenobium,
eine Revue in Lugano geleistet. Die zweite
Folge zur Neurosenlehre wird am 1 März ausge-
geben u das Jahrbuch darf auch nicht länger
ausbleiben, nachdem Binswanger's langer
Aufsatz so langen Aufenthalt gemacht hat.
Im Übrigen arbeiten wir alle weiter u harren
der kom̄enden Dinge. Großes Aufsehen
erregt das Eintreten eines protest. Pfarrers
Dr Pfister in Zürich (natürlich) für die ΨA,
welche er in den Dienst der Seelsorge stellt.
Sie sollten es lesen: Protest. Monatshefte
Leipzig, bei Heinsius Nachf. 1909 I Heft. Das
scheint ein erfreulicher u ein freier
Mann zu sein.Ihre reizende Art an der Vermälung meiner
Tochter Antheil zu nehmen wird Ihnen
u Ihrer lieben Frau noch von anderer
Seite gedankt werden.Mit herzlichem Gruß
Ihr
Freud