• S.

    20. 3. 11.

    Lieber Doktor

    Der Brief vom 8. dM ist wieder ganz Sie
    selbst, voll von Thätigkeit, guten Aus-
    sichten, u etwas Intoleranz gegen Andere
    dabei. Ich bitte Sie sehr, gerade jetzt mit

    Jones, der in einer Klem̄e ist, das beste
    Einvernehmen zu halten u sich seinen
    Plänen zu widersetzen. Wir können
    weder Sie noch ihn in Amerika entbehren,
    Sie ergänzen einander auch so prächtig.
    Er thut mir leid, aber ich hoffe, er wird
    drüber kom̄en.

    Die Mahnung, zu der ich mich habe hinreißen
    lassen, ist natürlich ein Nachklang der
    Vorgänge in Wien, wo es mir nicht ge-
    lingt, ein persönliches Einvernehmen
    speziell mit Stekel u Adler herzustellen.
    Ich bin sehr beschämt darüber, denn
    wie soll das Publikum glauben,
    daß die ΨA einen Menschen zu ändern
    vermag, wenn unter uns dieselben
    Persönlichkeiten vorfallen wie in
    jedem Verein u jeder Sekte, wenn
    keiner von uns zeigt, daß er an
    Selbstbeherrschung u Einsicht zugenom̄en
    hat? Ich erwarte nichts Gutes von Wien
    mehr u habe alle meine Hoffnungen

  • S.

    für die Zukunft der Sache auf die Auswärtigen
    Jung, Abraham und Sie beide in Amerika
    gesetzt. Hier habe ich nur Ferenczi u
    Rank, beide mir allerdings sehr wert-
    voll u über jeden Zweifel ergeben.
    Nach der Demission von Adler u Stekel
    habe ich den Vorsitz übernom̄en und
    Hitschmann zum Stellvertreter wälen
    lassen.

    Es bleibt bestehen, daß Sie mein alleiniger
    Übersetzer fürs Englische sind. Sie haben
    es doch nicht in Zweifel gezogen. Sutherland,
    der ein sehr feiner Kerl ist – er war vor
    3 Wochen bei mir – hatte mir eine Probe
    der Übersetzg eingeschickt u ich riet ihm
    sofort, bei Ihnen anzufragen, ob Sie
    ihm das Buch abtreten wollen. Bei seinem
    Besuch hatte er Ihre Antwort noch
    nicht, schickte sie mir aber von London
    her ein. Ich dachte nun wirklich, daß
    es Ihnen bequem sein würde, diese
    Arbeit abzugeben, u hatte keine Ahnung,
    daß sie schon begonnen, geschweige denn
    so weit vorgeschritten ist. Entschuldigen
    Sie darum, was hierin den Anschein
    der Untreue hat. Sie müßen sehr
    eifrig an der Arbeit gewesen sein.

  • S.

    Die Frage der Organisation kann ich zum
    Glück Ihnen, Jung u Jones überlassen.
    Ihre Bedürfniße u Jungs Autorität
    als Praesident werden die Entscheidung
    auch ohne mich zu Stande bringen. Ich
    bin natürlich ganz Ihrer Meinung,
    daß der Zusammenhang mit der Zentrale
    in Zürich nicht aufgegeben werden
    soll, ebenso daß die Beiträge keine
    Steigerung durch die Art des Beitritts
    erfahren dürfen. Die panamerikan. Gruppe
    hat den Wert, daß sie sovielen, die nicht
    in NYork leben, den Zutritt zum Kongreß
    ermöglicht, denn, nachdem der Inter. Ver.
    besteht, müßen wir darauf halten, daß
    der Kongreß nur von Mitgliedern
    besucht wird. Der panamerik. Verein
    mag also keine Arbeitseinheit sein,
    als Organisation scheint er mir
    sehr wertvoll.

    Sie sind Morton Prince sowenig aufge-
    seßen wie ich. Sein Benehmen ist zu
    frech. Ich glaube, wenn Sie Beide zu-
    sam̄enhalten, legen Sie ihn nieder.
    Jung hat versprochen, ihn im Jahrbuch
    ordentlich abzuführen. Ich habe Jung
    den Plan vorgelegt, das Korresp.blatt 

  • S.

    im Zentralbl aufgehen zu lassen und mit
    Bergmann auszumachen, daß alle Mitglieder
    der Inter. Ver. das Zentralbl für ihren ­ viel-
    leicht etwas erhöhten – Beitrag erhalten.
    Er beschäftigt sich jetzt mit diesen Verhand-
    lungen u den durch die Bildungen in
    Amerika hervorgerufenen Abänderungen
    dieses Planes.

    Ich weiß nicht, ob Sie nicht schon bei Erhalt
    dieses Schreibens glücklicher Vater
    sind. In diesem Falle will ich hoffen,
    daß Ihre Frau alles glücklich über-
    standen hat, hoffe aber sobald als möglich
    von dem freudigen Ereignis zu hören.
    Sie werden sehen, es ist etwas ganz
    Schönes u ein sehr gutes Objekt für
    allerlei Gefülsübertragungen.

    Seien Sie mir also herzlich gegrüßt
    mit Ihrer kleinen Familie!
    Ihr getreuer
    Freud

    P.S. Die dritte Auflage
    der Trdeutung ist bereits
    unter der Presse. Ich korrigire
    eben die Paranoiaarbeit fürs
    Jahrbuch, über die wir im Sept
    sprechen wollen.